Frankfurt (Reuters) - In Erwartung der Abstimmung über den Kompromiss im US-Schuldenstreit haben sich Europas Anleger am Mittwoch zurückgezogen.

Die Stimmung trübten zudem schwache Konjunkturdaten aus China. Fallende Rohstoffpreise setzten Energie- und Minenwerten zu.

Der deutsche Leitindex Dax verlor bis zum Nachmittag 0,7 Prozent auf 15.789 Punkte. Der EuroStoxx50 notierte 0,9 Prozent schwächer bei 4251 Zählern, nachdem er zwischenzeitlich ein Zwei-Monats-Tief markiert hatte.

Der seit Wochen die Börsen in Atem haltende Streit über die Anhebung der Schuldenobergrenze dürfte indes nach jüngsten Aussagen eines Vertreters des Repräsentantenhauses dort die nötigen Stimmen erhalten. "Wir werden die Stimmen bekommen heute Abend. Es wird durchgehen", sagte der Republikaner Tom Emmer. Dann würde der Entwurf an den Senat weitergeleitet. Es gebe aber Schlagzeilen über einige Kongressabgeordnete, die dagegen seien, sagte Joe Saluzzi, Manager bei Themis Trading. "Bis dieser Deal abgeschlossen ist, wird es ein wenig Nervosität geben."

ANALYSTEN RECHNEN MIT GEGENWIND FÜR CHINAS WIRTSCHAFT

Die wachsenden Sorgen über die chinesische Konjunktur trübten die Aussichten für den europäischen Aktienmarkt ein, sagte Marktanalyst Fawad Razaqzada vom Broker Forex.Com. "Das hängt damit zusammen, dass China ein großes Exportziel für europäische Firmen ist, vom Luxusgüter-Hersteller bis hin zum Autobauern. Nach der Aufhebung der striken Pandemie-Beschränkungen hatten Experten eigentlich ein starkes Comeback der chinesischen Wirtschaft erwartet. Doch im Mai fiel der offizielle Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes (PMI) im Reich der Mitte auf 48,8 von 49,2 im April. Analysten hatten mit einem Anstieg auf 49,4 gerechnet.

Nomura-Chefökonom Ting Lu sieht anhaltend starken Gegenwind, "aufgrund eines strukturellen Immobilieneinbruchs, eines sich verschärfenden weltweiten Produktionsabschwungs und sich verschärfender geopolitischer Spannungen, die die wirtschaftliche Erholung weiterhin bremsen werden." Am Mittwoch beschuldigte das Pentagon einen chinesischen Kampfjet, ein "unnötig aggressives" Manöver in der Nähe eines US-Militärflugzeugs über dem Südchinesischen Meer im internationalen Luftraum vorgenommen zu haben.

Die China-Sorgen setzten dem Kupferpreis zu, der um 0,9 Prozent auf 8052 Dollar pro Tonne sank. Am Rohölmarkt tauchten die Kurse ebenfalls ab. Rohöl der Sorte Brent verbilligte sich um 2,5 Prozent auf 71,70 Dollar je Barrel. Der Preis für US-Leichtöl WTI fiel um 3,2 Prozent auf ein Vier-Wochen-Tief von 67,25 Dollar pro Barrel.

An den Aktienmärkten flogen neben Energiewerten auch die Sektoren mit großem China-Geschäft aus den Depots. Dazu zählten vor allem Luxusgüter, Autobauer und Industriegüter- und dienstleister.

BÖRSIANER SEHEN ZINSHÖHEPUNKT FRÜHER KOMMEN

Einen Lichtblick für die Börsen lieferte der nachlassende Preisdruck in Europa. Die deutsche Inflationsrate sank im Mai wegen sinkender Benzinpreise und der Einführung des 49-Euro-Tickets auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr. Auch in Frankreich ging die Teuerung stärker zurück als erwartet. Das schürte an den Finanzmärkten die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank am Ende ihres Zinserhöhungszyklus früher als bislang gedacht ankommen werde. An den Terminmärkten deuteten die Wetten auf einen Zinshöhepunkt im September hin - zuvor war dieser im Dezember erst gesehen worden.

Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen fiel auf 2,283 Prozent von 2,340 Prozent am Dienstag. Der Euro verlor 0,5 Prozent auf 1,0681 Dollar.

(Bericht von Anika Ross, Zuzanna Szymanska; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)