Frankfurt (Reuters) - Anziehende Kreditkosten verstärken die Rezessionsängste der Anleger und lassen die Kurse an Europas Aktienmärkten weiter und weiter fallen.

Der Dax fiel am Mittwoch unter die psychologisch wichtige Marke von 12.000 Punkten und notierte am Vormittag 1,8 Prozent tiefer bei 11.918 Punkten. Der EuroStoxx50 verlor ebenso viel auf 3271 Zähler. "Die Käufer scheinen endgültig zu kapitulieren, ein Ende des Bärenmarktes ist nicht in Sicht", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus RoboMarkets.

Die in Deutschland erneut gesunkene Verbraucherstimmung zeichnet angesichts von Energiekriese und Inflation ein düsteres Bild für die Zukunft. Das Barometer der Nürnberger GfK-Marktforscher signalisiert für Oktober einen überraschend starken Rückgang um 5,7 Zähler auf minus 42,5 Punkte. "Die Eiszeit bei der Verbraucherlaune wird anhalten, eine Stimmungswende liegt im Nirwana", sagte Alexander Krüger, Chef-Volkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Die Aussicht auf eine voraussichtlich schwächere Nachfrage an den Rohstoffmärkten versetzte den Metallpreisen einen Schlag. Kupfer verbilligte sich um bis zu 1,8 Prozent auf 7220 Dollar je Tonne. Auch die Preise für Nickel und Aluminium gaben nach.

RENDITEN ZIEHEN AN - DOLLAR AUF DEM VORMARSCH

Die Flucht aus Anleihen hielt an, was wiederum die Finanzierungkosten der Staaten verteuert. Die Renditen auf zehnjährige US-Treasuries klettterten auf 4,019 Prozent und lagen damit so hoch wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Die zehnjährigen Bundespapiere markierten mit 2,309 Prozent den höchsten Stand seit knapp elf Jahren. Treiber sind die steigenden Zinssätze der Zentralbanken weltweit, die im Kampf gegen die Inflation die geldpolitischen Zügel spürbar straffen.

Auch die britischen Gilts waren zuletzt stark gestiegen, nachdem die neue Wirtschaftsstrategie mit steigender Verschuldung unter anderem beim Internationalen Währungsfonds (IWF) auf Kritik gestoßen war. Das Pfund steuerte auf den größten Monatsverlust seit der Brexit-Abstimmung 2016 zu, notierte mit 1,0682 Dollar aber über seinem am Montag markierten Rekordtief. Fast alle Währungen geraten im Vergleich zu der US-Devise ins Hintertreffen. Der Dollar-Index, der die Währung zu anderen wichtigen Währungen misst, marschierte auf ein frisches 20-Jahres-Hoch von 114,78 Punkten. Der Euro sackte den sechsten Tag in Folge bis auf 0,9534 Dollar ab.

BOOHOO VERGRAULT ANLEGER MIT PROGNOSE - STAHL UNTER DRUCK

Eine Prognosesenkung des britischen Online-Modehändlers Boohoo zog die Aktien der Konkurrenten Zalando und Asos mit nach unten. Angesichts trüber Konjunkturaussichten rechnet Boohoo für das Geschäftsjahr 2022-23 nun mit einem Umsatzrückgang. Die Aktien rauschten um mehr als zwölf Prozent nach unten. Zalando-Papiere gaben rund vier Prozent nach, Asos mehr als sieben Prozent.

Größter Dax-Verlierer waren Deutsche Bank mit einem Minus von mehr als sieben Prozent. Das Geldhaus und seine Fondstochter DWS werden von US-Behörden wegen der Nutzung unerlaubter Kommunikationskanäle zur Kasse gebeten und müssen 125 Millionen Dollar Strafe zahlen. Insgesamt sind 16 Wall-Street-Institute betroffen.

Ein negativer Kommentar der Analysten von JP Morgan zur europäischen Stahlbranche riss die Aktien von ThyssenKrupp und Salzgitter um jeweils rund zwölf Prozent nach unten. Auch Kloeckner und Voestalpine verloren rund zehn und sieben Prozent.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)