NEW YORK (awp international) - Eine Entspannung am US-Anleihemarkt hat am Mittwoch für eine merkliche Erholung an der Wall Street gesorgt. Die jüngsten Konjunktursorgen gerieten dies- und jenseits des Atlantiks in den Hintergrund, nachdem sich die britische Notenbank gegen den zuletzt drastischen Zinsanstieg am heimischen Kapitalmarkt gestemmt hatte. Der Leitindex Dow Jones Industrial stoppte damit seine jüngste Talfahrt und zog an. Auch andere wichtige Börsenbarometer legten deutlich zu.

Der Dow stieg zuletzt um 1,46 Prozent auf 29 559,42 Punkte, nachdem er am Vortag noch zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit November 2020 gefallen war. Damit könnte das Börsenbarometer eine sechstägige Verlustserie beenden.

Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 1,42 Prozent auf 3699,26 Zähler nach oben. Der technologielastige Nasdaq 100 gewann 1,21 Prozent auf 11 408,15 Punkte.

Die jüngsten Kursverluste resultierten aus der Furcht der Anleger vor deutlichen Zinserhöhungen der Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation. Diese Sorgen spiegelte zuletzt der markante Renditeauftrieb am Anleihenmarkt wider. Nun jedoch kam es dort erst einmal zu einer Gegenbewegung: Die Renditen fielen und die Kurse stiegen wieder. Dies beruhigte die Anleger an der Wall Street.

Gestützt wurden die Anleihen durch die Entwicklung in Grossbritannien. Dort hatte die Bank of England angekündigt, aufgrund von Marktstörungen bis Mitte Oktober langlaufende Staatsanleihen zu kaufen. Hintergrund sind die erheblichen Renditeanstiege in den vergangenen Tagen. Die jüngst vorgestellten Steuersenkungen der Regierung Liz Truss haben laut Experten Zweifel an der britischen Wirtschaftspolitik geweckt. Befürchtet werden ausufernde Staatsschulden und eine noch höhere Inflation.

Damit könnten die Briten auch den Weg für künftige Wendungen anderer Zentralbanken frei gemacht haben, schrieb Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets. Die sinkenden Wahrscheinlichkeiten für eine Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte im November könnten ein weiterer Beleg dafür sein. Eventuell seien höhere Zinsen also bereits vollständig in die Kurse eingepreist, sodass auch die Talfahrt am Aktienmarkt bald ein Ende finden könnte.

Für viel Bewegung sorgten neue Studiendaten in der Pharmabranche. Der Konzern Biogen und sein japanischer Forschungspartner Eisai Co hatten mit Spannung erwartete Daten aus einer Studie mit dem neuen Alzheimer-Medikament Lecanemab veröffentlicht. Das Medikament kann demnach das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen, die Unternehmen planen bereits den Zulassungsantrag.

Die Nachrichten katapultierten Biogen-Aktien an der Spitze des S&P 500 um fast 38 Prozent nach oben. Vom Aufwind profitierten auch Wettbewerber wie Eli Lilly . Dessen Papiere waren im Handelsverlauf auf ein Rekordhoch gesprungen und schnellten zuletzt um knapp sieben Prozent in die Höhe.

Unter den weiteren Einzelwerten machte der Tech-Gigant Apple negative Schlagzeilen. Kreisen zufolge will der iPhone-Hersteller die Produktion seiner neuen Smartphone-Reihe mangels Nachfrage nun doch nicht erhöhen. Der Konzern habe seinen Zulieferern mitgeteilt, die Produktionsgeschwindigkeit im zweiten Halbjahr nicht mehr um bis zu sechs Millionen Einheiten zu steigern, hiess es in einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg. Apple-Aktien fielen als klares Schlusslicht im Dow um knapp drei Prozent./la