NEW YORK (awp international) - Mit einer schwungvollen Erholung hat der US-Aktienmarkt am Freitag nach langer Durststrecke eine erfreuliche Woche zu Ende gebracht. Marktbeobachter halten es derzeit für denkbar, dass die US-Notenbank Fed auf ihrem schnellen Zinserhöhungskurs perspektivisch etwas den Fuss vom Gas nehmen könnte, sollte die Wirtschaft in eine Rezession rutschen und die Inflation sich etwas abkühlen.

Grundsätzlich bleiben Rezessionsängste aber bestehen. Einige Börsianer warnen daher vor eine Bärenmarktrally, also einem nur kurzen Aufbäumen in einem längeren Abwärtstrend.

Der Dow Jones Industrial erreichte am Freitag mit kräftigen Kursgewinnen ein Hoch seit zwei Wochen. Aus dem Handel ging er mit 31 500,68 Punkten nahe am Tageshoch. Der Kursgewinn belief sich damit auf 2,68 Prozent. Erstmals seit Ende Mai gab es wieder ein Wochenplus, mit 5,4 Prozent fiel dieses gleich deutlich aus.

Der marktbreite S&P 500 legte am Freitag 3,06 Prozent auf 3911,74 Zähler zu und der technologiewertelastige Nasdaq 100 erholte sich ebenfalls deutlich um 3,49 Prozent auf 12 105,85 Punkte. Er hat in dieser Woche sogar um 7,5 Prozent zugelegt.

Konjunkturell waren aktuelle Signale am Freitag gemischt. Zwar ist die Stimmung der US-Verbraucher im Juni auf ein Rekordtief gefallen. Allerdings wurden die aus der Befragung resultierenden längerfristigen Inflationserwartungen etwas nach unten revidiert. Dies wurde als vages Hoffnungssignal gesehen, dass die US-Notenbank Fed die Inflation bald halbwegs in den Griff bekommen könnte. Es gab Stimmen, denen zufolge weitere Zinsschritte nach dem Dezember allmählich ausgepreist werden.

Generell konnten sich einige bislang im Juni wegen der Konjunktursorgen abgestrafte Branchen kräftig erholen. Dies trieb die Anleger zurück in Dow-Papiere wie etwa jene des Softwarekonzerns Salesforce oder des Flugzeugbauers Boeing mit Anstiegen um 7,4 respektive 5,6 Prozent.

Vorne dabei in der US-Branchenwertung war auch der Bankensektor mit Anstiegen zwischen 5,2 und 7,6 Prozent bei den Branchenbesten Morgan Stanley , Goldman Sachs und Wells Fargo . Hier half es, dass die grössten Geldhäuser in den USA nach Einschätzung der Fed über eine krisenfeste Kapitalausstattung verfügen. Alle 34 Grossbanken bestanden den jährlichen Stresstest der Finanzaufseher.

Eine Rally legten ausserdem die üblicherweise schwankungsbereiten Reisewerte hin, darunter die Fluggesellschaften. Die Papiere von United Airlines führten unter diesen die Gewinnerliste an. Noch dynamischer zeigten sich die Titel von Kreuzfahrtanbietern wie Royal Caribbean , die 16 Prozent gewannen. Mit der Branche verbunden ging es für den Unterkunft-Vermittler Airbnb auch deutlich hoch.

Der Logistiker Fedex sorgte individuell für Gesprächsstoff mit einem überraschend guten Geschäftsausblick. Dieser liess die Aktien um 6,6 Prozent nach oben springen auf den höchsten Stand seit Februar. Auch wenn Lieferkettenprobleme sowie höhere Kosten der Branche zuletzt zu schaffen machen, erwirtschaftete der Konzern im jüngsten Geschäftsquartal deutlich mehr Umsatz. Auch der Betriebsgewinn stieg.

Mit einem Kurssprung um 28 Prozent sorgte ansonsten noch die Zendesk-Aktie für Aufsehen. Das Unternehmen könnte Kreisen zufolge kurz vor einer Übernahme durch eine Gruppe von Finanzinvestoren unter der Führung von Hellman & Friedman und Permira stehen.

Der Euro legte am Freitag etwas zu, zuletzt wurden 1,0553 US-Dollar gezahlt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,0524 (Donnerstag: 1,0493) Dollar festgesetzt.

US-Staatsanleihen erlitten in dem erholten Aktienumfeld Verluste. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) fiel um 0,32 Prozent auf 117,28 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen stieg im Gegenzug auf 3,13 Prozent./tih

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---