Frankfurt (Reuters) - Die Anleger haben zum Wochenausklang an den europäischen Aktienmärkten erneut zugegriffen.

"Die Berichtssaison verläuft in der Breite solide genug, um die aktuellen Bewertungen zumindest halbwegs rechtfertigen zu können", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Und die EZB hat klargemacht, dass sie auch nach Strategieüberprüfung und -umstellung nicht an eine Straffung ihrer Geldpolitik denkt."

Dax und EuroStoxx50 stiegen am Freitag um jeweils rund ein Prozent auf 15.669,29 beziehungsweise 4110,71 Punkte. Der breit gefasste Stoxx600 erreichte kurz vor Handelsschluss sogar noch ein Rekordhoch von 461,75 Punkten. Sein US-Pendant S&P 500 notierte mit 4407,54 Zählern ebenfalls so hoch wie noch nie.

Zusätzlichen Rückenwind erhielten die europäischen Indizes von der positiven Stimmung in der heimischen Wirtschaft. Der europäische Einkaufsmanager-Index stieg im Juli auf 60,6 Punkte, den höchsten Stand seit 21 Jahren. "Da geht noch was", kommentierte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. "Selbst die Ausbreitung der Delta-Variante kann derzeit dem Konjunkturbarometer nichts anhaben."

EURO UND GOLD UNTER DRUCK

Dem Euro machte die Aussicht auf eine anhaltende Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) dagegen zu schaffen. Er bröckelte auf 1,1757 Dollar ab. Die Gemeinschaftswährung werde mittelfristig weiter abwerten, warnte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Schließlich steuerten viele andere Notenbanken wie die Fed aus den USA eher auf eine Straffung der Geldpolitik zu.

Abwärts ging es auch mit dem Goldpreis, der um 0,3 Prozent auf 1800 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) fiel. Die Aufwertung des Dollar machte das Edelmetall für Investoren außerhalb der USA unattraktiver. Allerdings werde die ultra-lockere Geldpolitik der EZB zum Dauerzustand, sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. "Das dürfte auf mittlere und längere Sicht die Nachfrage nach Gold spürbar erhöhen."

AUTOZULIEFERER AUF DER ÜBERHOLSPUR - TWITTER GEFRAGT

Am Aktienmarkt griffen Investoren indes bei Automobilwerten beherzt zu. Der europäische Branchenindex stieg um 2,6 Prozent. Angetrieben wurde die Rally von ermutigenden Geschäftszahlen des Zulieferers Valeo. Der operative Halbjahresgewinn habe mit 1,21 Milliarden Euro die Erwartungen übertroffen, lobte Analyst Sascha Gommel von der Investmentbank Jefferies. Seine Kollegen von Morgan Stanley hoben den Auftragseingang im Volumen von 10,6 Milliarden Euro heraus. Valeo-Aktien stiegen daraufhin in Paris um sechs Prozent.

An der Wall Street hellten die überraschend starke Geschäftszahlen von Twitter und Snap die Anlegerstimmung auf. Die Aktien der beiden Unternehmen stiegen um vier Prozent auf 72,31 Dollar beziehungsweise um bis zu 25 Prozent auf ein Rekordhoch von 78,66 Dollar. Langfristig sei Snap ein attraktiveres Investment als Twitter, prognostizierte Analyst Michael Nathanson vom Brokerhaus MoffettNathanson. Bereits im kommenden Jahr werde der Snapchat-Betreiber den Kurznachrichtendienst beim Umsatz überflügeln.

Unter Verkaufsdruck gerieten dagegen die Papiere von Vonovia, die sich um 2,7 Prozent verbilligten. Der Immobilienkonzern wird mit seinem Übernahme-Angebot für den Rivalen Deutsche Wohnen in Höhe von 52 Euro je Aktie die angepeilte Annahme-Schwelle von 50 Prozent nach eigener Einschätzung wohl verfehlen. 2016 war ein Zusammenschluss schon einmal gescheitert. Die Papiere von Deutsche Wohnen schlossen 0,4 Prozent im Plus bei 51,12 Euro.