FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax kratzt wieder an der 13 000-Punkte-Marke. Ob ein - womöglich nachhaltiger - Sprung darüber in der neuen Woche gelingt, könnte vom Ausgang des immer noch nicht beendeten Sondergipfels der Europäischen Union (EU) zur Corona-Krisenbekämpfung abhängen. Zudem ist Rückenwind im Zuge der Unternehmensberichterstattung möglich. Zwar nimmt die Berichtssaison zunächst erst einmal in den USA weiter an Fahrt auf und vereinzelt sind Quartalszahlen europäischer Konzerne angekündigt, doch in jüngster Zeit stieg hierzulande die Zahl vorab veröffentlichter, überraschender Unternehmensbilanzen. Dieser Trend könnte andauern. Konjunkturdaten indes gibt es in der anstehenden Woche eher wenige.

"Weitere Neuigkeiten zum Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie zur Zahl der Corona-Neuinfektionen dürften dem Dax zusätzlich Impulse in die eine oder andere Richtung liefern", erwartet Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Er rechnet daher alles in allem mit einer "atypisch spannenden Sommerwoche" für den Aktienmarkt. Der zähe Verlauf des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, der am Freitag in Brüssel begonnen hat, ist für Experten zwar keine große Überraschung, aber dass er am Montagmorgen immer nicht nicht beendet ist, könnte die Märkte belasten.

Erste Indikationen auf die Dax-Entwicklung deuten allerdings darauf hin, dass der Dax nach den Gewinnen der Vorwoche weiter zulegen kann. Der Broker IG taxierte den Dax knapp drei Stunden vor Start in den Xetra-Handel auf 12 943 Punkte und damit etwas höher als am Freitag. "Die EU könnte die Chance nutzen, gestärkt aus der Corona-Krise hervorzugehen, wenn eine Einigung über das 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbaupaket gelingt", schreibt Aktienstratege Frank Klumpp von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Doch genau das gilt als unwahrscheinlich.

"Zwischen den Südstaaten und den sparsamen Vier - Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden - gehen die Meinungen weiterhin stark auseinander", begründet Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners die Skepsis. Und auch die Experten der Dekabank schreiben: "Angesichts der Unstimmigkeiten, was die Größe und Struktur des Wiederaufbaufonds anbelangt, bleiben wir skeptisch, dass dieser Gipfel schon eine Einigung bringen wird." Ein Scheitern allerdings wäre nach Altmanns Worten ein "verheerendes Signal", denn der Wiederaufbaufonds sei längst in die Kurse eingepreist. Jede Verzögerung könne daher zu unmittelbaren Kursverlusten führen.

Die 27 EU-Staaten suchen weiter nach einem Kompromiss im Streit über das milliardenschwere Corona-Krisenpaket. Das bereits am Freitag begonnene Treffen zog sich damit bereits in den vierten Tag hinein. Nachdem am späten Sonntagabend das Scheitern nahe schien, verteilten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungchefs erneut in kleinere Gruppen und verhandelten weiter. Hauptstreitpunkt war dabei immer noch die Frage, wie viele Zuschüsse aus dem geplanten Corona-Krisenplan an EU-Staaten vergeben werden könnten.

Ursprünglich lautete der Vorschlag für das Konjunktur- und Investitionsprogramm: ein Gesamtumfang von 750 Milliarden Euro, davon 500 Milliarden an Zuschüssen, die die Empfänger nicht zurückzahlen müssen. Die Staatengruppe der sogenannten Sparsamen Vier - Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande - und Finnland wollten aber ursprünglich gar keine Zuschüsse, sondern nur Kredite. Im Lauf des Sonntags näherten sich die Positionen schrittweise an - ohne jedoch zu zur Lösung zu führen.

Unternehmensseitig stehen hierzulande offiziell nur der Autobauer Daimler und der Kunststoff-Hersteller Covestro mit endgültigen Quartalszahlen auf der Agenda. Beide haben ihren detaillierten Bericht für Donnerstag angekündigt, und mit Spannung dürfte bei beiden auf Aussagen zum weiteren Jahresverlauf gewartet werden.

Zudem wird am selben Tag auch der Maschinenbauer für die Chipindustrie Aixtron Zahlen vorlegen. Vorher, am Mittwoch, wird die Software AG berichten. Den Experten der Schweizer Bank UBS zufolge sollte auch bei den Darmstädtern der Ausblick von besonderem Interesse sein. Da die Zukunftssicht hinein ins zweite Halbjahr schlecht gewesen sei, stehe nun die Frage im Vordergrund, ob die Jahresziele aufrecht erhalten werden, schreiben sie.

Unter den Konjunkturdaten dürften die Einkaufsmanager-Indizes für den Monat Juli des Datendienstes Markit am Freitag spannend sein, "vor allem diejenigen für Deutschland und den Euroraum", so LBBW-Stratege Klumpp. "Beide dürften wieder näher an die Expansionsschwelle heranrücken beziehungsweise im Falle des Euroraums sogar überschreiten", erwartet er. Zugleich sollte das Tempo der Erholung laut Commerzbank-Analyst Christoph Weil aber nachgelassen haben.

Einen Tag zuvor dürfte das deutsche Konsumklima Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hierzu schreibt Analyst Stefan Mütze von der Landesbank Helaba: "Die Wirtschaftsindikatoren der letzten beiden Monate haben überwiegend signalisiert, dass die schwere Corona-Rezession allmählich überwunden wird. Dies sollte sich in der Berichtswoche mit einem Anstieg des Konsumklimas in der Eurozone und dem GfK-Konsumklima für Deutschland fortsetzen."/ck/la/he

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---