Die Münchener Rück rechnet wegen steigender Todesfälle und der Absage von Großveranstaltungen mit weiteren Belastungen aus der Corona-Pandemie.

"In vielen Ländern gehen die Fallzahlen noch deutlich hoch", sagte Finanzchef Christoph Jurecka am Donnerstag. Vor allem die USA, die mit über 158.000 Toten am stärksten von der Pandemie betroffen sind, bereiten dem weltgrößten Rückversicherer Sorgen. "In der Lebensversicherung ist vor allem Nordamerika sehr, sehr wichtig." Wegen der höheren Sterblichkeitsraten gab die Münchener Rück ein weiteres Spartenziel auf, nachdem sie bereits im März ihre Gewinnprognose von 2,8 Milliarden Euro für 2020 gekippt hatte. "Die Unsicherheiten sind so groß, dass wir auch weiterhin keinen konkreten Ausblick auf das Jahresergebnis geben." Mit einem Minus von mehr als fünf Prozent war die Aktie größter Verlierer im Leitindex Dax.

Mit ihrer Einschätzung ist die Münchener Rück pessimistischer als der Branchenzweite Swiss Re, der den Höhepunkt der Viruskrise für überwunden hält. Doch während die Schweizer einen Milliardenverlust verbuchten, schrieb der Dax-Konzern schwarze Zahlen - trotz Corona-bedingter Schäden von rund 700 Millionen Euro im zweiten Quartal. Der Gewinn brach deshalb um 42 Prozent auf 579 Millionen Euro ein.

Die Absage und Verschiebung von Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen, die Schließung von Betrieben sowie Belastungen von 100 Millionen Euro durch die höhere Sterblichkeit setzten der Münchener Rück zu. In der Lebens- und Kranken-Rückversicherung schrumpfte der Gewinn im zweiten Quartal auf 59 (Vorjahr: 154) Millionen Euro, das Jahresziel eines versicherungstechnischen Ergebnisses von 550 Millionen Euro sei nicht mehr erreichbar.

Besserung ist nicht in Sicht. "Größtes Risiko bleibt Veranstaltungsausfall, wir erwarten aber eine steigende Belastung auch in anderen Sparten", sagte Jurecka. Neben Corona-Auswirkungen befürchtet die Münchener Rück eine heftige Hurrikan-Saison im Herbst. Auch für Schäden aus der Explosionskatastrophe in der libanesischen Hauptstadt Beirut wird der Konzern geradestehen müssen. "Wir gehen in Beirut aktuell davon aus, dass das ein Großschaden für uns wird." So kurz nach dem Ereignis könne man aber noch keine Kostenschätzung abgeben. Die Explosion am Dienstagabend in Beirut hatte Fassaden von Gebäuden gerissen, Möbel aus den Häusern geschleudert und die Straßen mit Glas und Schutt übersät.

HÖHERE PREISE FÜR VERSICHERUNGSSCHUTZ

Zuversichtlich stimmt den Konzern dagegen die steigende Nachfrage nach Versicherungsschutz. "Wir wachsen profitabel und nutzen dabei das sich deutlich verbessernde Marktumfeld für Rückversicherer", sagte Vorstandschef Werner Wenning und schraubte die Prognose für die Beitragseinnahmen nach oben. "Hinter uns liegen neun Erneuerungsrunden in Serie mit Preisanstieg und entsprechendem Beitragswachstum." Der 140 Jahre alte Konzern rechnet nun mit Rekordeinnahmen von 54 (zuvor: 52) Milliarden Euro. Im zweiten Quartal legten die gebuchten Bruttobeiträge um 8,7 Prozent auf 12,8 Milliarden zu.

Bei der Erneuerung der Rückversicherungsverträge zum 1. Juli 2020 konnte die Münchener Rück das gezeichnete Geschäftsvolumen um 8,3 Prozent steigern, die Preise erhöhten sich um 2,8 Prozent. Auch in der Januar-Erneuerungsrunde werde sich das Marktumfeld im Vergleich zum Vorjahr weiter verbessern. Nach jahrelangen Preisrückgängen wegen der starken Konkurrenz durch Hedgefonds und andere finanzkräftige Kapitalgeber ziehen die Preise seit einiger Zeit wieder an. Denn Naturkatastrophen und andere Großschäden haben in den vergangenen Jahren auch die alternativen Kapitalgeber schwer getroffen.