Frankfurt (Reuters) - Die Hoffnung auf ein Ende des Zinserhöhungsmarathons in der Euro-Zone hat die Dax-Anleger zum Wochenschluss euphorisiert.
Der deutsche Leitindex kletterte zeitweise um 1,6 Prozent auf 15.989 Zähler. An den letzten beiden Handelstagen hat der Dax damit gut 300 Punkte zugelegt. Die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) habe viel Unsicherheit aus dem Markt genommen, urteilte Thomas Altmann von QC Partners. Nun könnte der Weg nach oben frei sein. Der EuroStoxx50 gewann ein Prozent.
Die EZB hatte am Donnerstag beschlossen, die Schlüsselsätze wie schon im Juli um einen viertel Prozentpunkt auf 4,00 nach zuvor 3,75 Prozent zu erhöhen. Die meisten Volkswirte gehen nun davon aus, dass die Euro-Wächter den Zinsgipfel erreicht haben. Die Währungshüter müssen aufpassen, dass sie mit ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs die bereits schwächelnden Wirtschaftsaktivitäten im Euro-Raum nicht vollständig zum Erliegen bringen. In ihren neuen Wirtschaftsprognosen senkten die EZB-Volkswirte ihre Vorhersagen für das Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr zum Teil deutlich.
Jochen Stanzl von CMC Markets warnte allerdings davor, mögliche weitere Zinserhöhungen der EZB oder auch der US-Notenbank Fed schon komplett abzuschreiben. "Jetzt in Sachen Geldpolitik bereits zu optimistisch zu werden, kann sich als Fehler erweisen." Es sei sehr wohl möglich, dass die Inflation hartnäckig bleibe und die Notenbanken dann weitere Schritte ergreifen müssten, meinte der Experte. Der Euro kam angesichts der schwierigen Gemengelage kaum vom Fleck und notierte mit 1,0660 Dollar in Reichweite seines Vier-Monats-Tiefs, auf das er nach der EZB-Sitzung gefallen war.
Unter den Einzelwerten machte sich am Aktienmarkt der große Verfallstag bemerkbar, an dem die Kurse üblicherweise stark schwanken. Investoren wollen die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen. Am so genannten Hexensabbat werden an den Terminmärkten Futures und Optionen auf Indizes sowie Optionen auf einzelne Aktien fällig. Einen guten Lauf erwischten zum Wochenschluss Rheinmetall, die im Dax mit einem Plus von 2,4 Prozent zu den größten Gewinnern zählten. Die Lufthansa beteiligt sich an einem Konsortium mit Rheinmetall zur Fertigung und Wartung von Teilen des Lockheed-Kampfjets F-35. Lufthansa notierten im MDax 1,4 Prozent fester.
CHIPWERTE RUTSCHEN EUROPAWEIT AB
Aufwärts ging es auch für Bayer. Die Aussicht auf ein Effizienzprogramm trieb die Aktien um bis zu 1,4 Prozent nach oben. Bevor Bayer eine neue Struktur bekomme, werde der Chef Bill Anderson zunächst ein Programm für Bürokratieabbau und mehr Effizienz auflegen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren mit der Sache vertrauten Personen.
Europaweit unter Druck gerieten die Chipwerte. Aus Furcht vor einer verschärften Nachfrage-Flaute fielen die Aktien von Infineon, STMIcro und ASM International um bis zu 5,5 Prozent. Der Chipindustrie-Ausrüster ASML büßte drei Prozent ein. Einem Reuters-Bericht zufolge zögert der weltgrößte Auftragsfertiger TSMC die Abnahme bestellter Chip-Maschinen hinaus.
An den Rohstoffmärkten schauten die Anleger vor allem Richtung China. Besser als erwartet ausgefallene Konjunkturdaten aus der Volksrepublik trieben den Ölpreis auf ein frisches Zehn-Monats-Hoch. Das Nordseeöl Brent kostete mit 94,63 Dollar je Fass in der Spitze ein Prozent mehr. Das US-Öl WTI verteuerte sich um bis zu 1,1 Prozent auf 91,15 Dollar je Barrel.
(Bericht von Daniela Pegna, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)