Der weltgrößte Industriegasekonzern Linde bekommt die Rezession in der Coronakrise zu spüren und rechnet in diesem Jahr trotzdem mit Gewinnzuwächsen.

Im zweiten Quartal sanken die Umsätze um elf Prozent auf 6,38 Milliarden Dollar, wie Linde am Donnerstag im britischen Guildford mitteilte. Die im Zuge des weltweiten Wirtschaftseinbruchs um sieben Prozent gesunkenen Volumina und negative Währungseffekte ließen sich nur teilweise durch höhere Preise wettmachen. Bremsspuren zeigten sich vor allem in der Metallbranche und beim Einsatz von Gasen in der Produktion, während Medizingase und Anwendungen in der Elektronik zulegten.

Das aus der Münchner Linde AG und dem US-Rivalen Praxair entstandene Unternehmen hielt den operativen Gewinn mit 1,32 Milliarden Dollar trotzdem stabil, der Mittelzufluss (Cashflow) aus dem operativen Geschäft schnellte sogar deutlich nach oben. Der Gewinn je Aktie fiel mit 1,90 (2019: 1,89) Dollar weit höher aus als Analysten dies dem Konzern zugetraut hatten. Diese Ergebnisse zeigten, wie widerstandsfähig das Geschäftsmodell von Linde sei, sagte Vorstandschef Steve Angel.

Die im Leitindex Dax notierte Linde-Aktie trat am Donnerstag in Frankfurt trotzdem auf der Stelle, liegt aber nahe ihres Allzeithochs von 216 Euro.

Die Angst vor einem Gewinnrückgang im laufenden Jahr ist bei dem Amerikaner offenbar verflogen. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll in diesem Jahr um vier bis sechs Prozent auf 7,60 bis 7,80 (2019: 7,34) Dollar steigen, je nachdem ob die Konjunktur wieder anzieht oder nicht. Ohne Wechselkurseffekte lägen die zu erwartenden Zuwachsraten sogar drei Prozent höher. Die Prognose entspricht den Anfang Mai zurückgeschraubten Erwartungen. Zwischenzeitlich hatte Angel unter dem Eindruck einer drohenden zweiten Welle der Pandemie aber auch einen Gewinnrückgang für 2020 nicht ausgeschlossen. "Die vollen Auswirkungen von Covid-10 und das Tempo der Erholung sind ungewiss", zeigte sich der Linde-Chef weiter vorsichtig. Doch für das laufende dritte Quartal erwartet Linde schon wieder einen Gewinn, der mit 1,90 bis 1,95 Dollar in etwa auf dem Vorjahresniveau liegt.

Als Ergebnisstütze erwies sich im zweiten Quartal die bei der amerikanischen Linde-Führung lange ungeliebte Anlagenbau-Sparte Linde Engineering, die aus München geführt wird und den Umsatz in der Krise um acht Prozent und den operativen Gewinn sogar um 39 Prozent ausbaute. Der Auftragseingang halbierte sich allerdings im Vergleich zum Vorjahr. Der Orderbestand schmolz innerhalb von drei Monaten um fast eine halbe Milliarde auf 4,96 Milliarden Dollar ab. Im Gase-Geschäft waren alle drei Regionen gleichermaßen vom Umsatzrückgang betroffen. In Europa, Afrika und dem Nahen Osten tat sich Linde aber am schwersten, höhere Margen durchzusetzen.