Im Zuge der deutlich verbesserten Konjunktur drosseln die Euro-Wächter ab Januar ihre vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe. Das Programm wird zwar bis mindestens Ende September 2018 fortgesetzt, das monatliche Volumen aber auf 30 Milliarden Euro halbiert, wie die EZB am Donnerstag mitteilte. Kritiker bemängeln die lange Laufzeit und den riesigen Gesamtumfang, der sich jetzt um 270 Milliarden auf 2,55 Billionen Euro erhöht.

"Der richtige Beschluss zur richtigen Zeit", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Die Entscheidung gebe der Wirtschaft und den Märkten Sicherheit über den EZB-Kurs bis Herbst 2018. Andere Volkswirte forderten allerdings ein schnelleres Ende der Konjunkturhilfen: Die Drosselung sei zu gering ausgefallen, sagte etwa Friedrich Zimmermann vom ZEW-Institut in Mannheim. "Die EZB kauft zu viel und zu lange." Auch aus den deutschen Bankenverbänden kam Kritik: "Ich sehe wenig Licht und viel Schatten", sagte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Auch wenn weniger Anleihen gekauft werden, sei es schlecht, dass die EZB ihren gesamten Kurs auf einen längeren Zeitraum festgelegt habe.

Auch innerhalb der EZB gab es sehr unterschiedliche Meinungen und der Beschluss zu den Anleihenkäufen wurde nicht einstimmig angenommen. EZB-Präsident Mario Draghi sagte in Frankfurt, es habe einen Dissens darüber gegeben, ob ein Enddatum für die Transaktionen festgelegt werden sollte. "Eine große Mehrheit der Ratsmitglieder war dafür, das Ende offenzuhalten." Es sei nicht über ein Abschmelzen in vorher festgelegten Schritten diskutiert worden, sondern nur über die jetzt beschlossene Reduzierung. Das Programm werde nicht abrupt enden, ergänzte der Italiener.

Bundesbank-Chef Jens Weidmann ist innerhalb der EZB einer der größten Kritiker der extrem lockeren Geldpolitik. Entsprechend hatte die deutsche Zentralbank ein klares Signal gefordert, dass die Anleihenkäufe beendet werden.

Das Programm ist aktuell das wichtigste Instrument der europäischen Währungshüter, um die aus ihrer Sicht zu niedrige Inflation nach oben zu treiben. Die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Zone erwerben momentan Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden Euro pro Monat. In wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland können die Hilfen Kritikern zufolge aber zu Preisblasen führen, etwa am Immobilienmarkt. Auch europaweit haben sich die Konjunkturdaten zuletzt deutlich aufgehellt. Einer OECD-Prognose zufolge wird die Euro-Zone in diesem Jahr beim Wirtschaftswachstum die USA einholen. Die Verbraucherstimmung ist zudem nach Daten der EU-Kommission so gut wie sei 16 Jahren nicht mehr.

NIEDRIGE INFLATION STIMMT EZB VORSICHTIG

Trotzdem betonte Draghi erneut, dass die Wirtschaft nach wie vor auf die EZB-Hilfen angewiesen sei. "Die Inflation ist nicht so ermutigend." Die Währungshüter streben knapp zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Dieses Ziel wird aber seit Jahren verfehlt. Die Euro-Wächter wollen sich daher weiterhin alle Optionen offenhalten. Im Notfall sei der EZB-Rat bereit, das Anleihen-Kaufprogramm hinsichtlich Umfang und/oder Dauer auszuweiten, bekräftigte Draghi.

Die Leitzinsen beließ die EZB wie erwartet auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort liegen sie bereits seit März 2016. An ihrem Zinsausblick hielt die EZB ebenso fest. Demnach sollen die Schlüsselsätze noch weit über die Zeit der Anleihenkäufe hinaus auf ihrem derzeitigen Niveau liegen. Viele Volkswirte rechnen daher nicht vor 2019 mit ersten Zinserhöhungen.

An den Börsen gab der Euro deutlich auf 1,1710 Dollar nach. Der Dax kletterte dagegen um 1,2 Prozent auf 13.113 Punkte. "Die Märkte sind erleichtert, dass die EZB das Programm um neun Monate verlängert hat und das Tempo dabei immer noch recht hoch bleibt", sagte Martin Van Vliet von der niederländischen Großbank ING.