Frankfurt/Berlin (Reuters) - BaFin-Chef Felix Hufeld gerät wegen des milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandals zunehmend in Bedrängnis.

Nach dem Bekanntwerden von Insiderhandel mit Wirecard-Derivaten in seiner Behörde wurden am Donnerstag Rufe nach seinem Rücktritt lauter. "Eine schlagkräftige Aufsicht braucht jetzt einen klaren Schnitt an der Spitze und durchgreifende Reformen", sagte der FDP-Politiker Florian Toncar zur Nachrichtenagentur Reuters. Auch Abgeordnete anderer Parteien forderten einen personellen Neuanfang an der Sitze der Bonner Aufsichtsbehörde für die Finanzbranche.

Wegen des Verdachts auf Insiderhandel zeigte die BaFin einen Mitarbeiter ihrer Wertpapieraufsicht an. Dieser habe am 17. Juni 2020 - einen Tag vor Bekanntwerden eines milliardenschweren Bilanzlochs bei dem Zahlungsdienstleister - Wirecard-Derivate verkauft. Wenige Tage später meldete der damals im Dax gelistete Konzern Insolvenz an. Der BaFin wird vorgeworfen, Medienberichte über mögliche Bilanzfälschungen nicht ernst genommen und nichts getan zu haben.

"Die Strafanzeige der BaFin straft Herrn Hufeld selbst Lügen", twitterte der Linken-Politiker Fabio De Masi. Hufeld hatte sich wiederholt hinter seine Mitarbeiter gestellt und betont, sie hätten nichts Unrechtes getan. "Warum der Finanzminister immer noch glaubt, dass Herr Hufeld für den notwendigen Kulturwandel der Richtige sei, bleibt Scholz' Geheimnis", sagte der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte sich hinter Hufeld gestellt. Toncar forderte, die BaFin müsse darüber informieren, was die Rolle des Mitarbeiters in Bezug auf Wirecard gewesen sei. "Olaf Scholz muss endlich einsehen, dass die derzeitige Leitung der BaFin nicht mehr in der Lage sein wird, den Ruf und die Autorität dieser Behörde wieder herzustellen."

SCHOLZ VERTEIDIGT SICH - ÄNDERUNGEN WERDEN GEPRÜFT

Scholz sprach von einem "schwerwiegenden Vorgang". Sollte sich der Verdacht auf Insiderhandel bestätigen, stellten sich viele Fragen. "Es zeigt einmal mehr, wie richtig wir gelegen haben, die Regeln für den Aktienhandel von BaFin-Beschäftigten radikal zu verschärfen. Und es belegt den Reformbedarf, der dort herrscht. Neben den gesetzgeberischen Initiativen, die wir bereits auf den Weg gebracht haben, läuft seit Herbst eine Untersuchung zur organisatorischen Neuaufstellung der BaFin, deren Ergebnisse ich in den nächsten Tagen vorlegen werde."

Nach der Insolvenz von Wirecard im Juni 2020 wurde bekannt, dass mehrere Mitarbeiter der BaFin in den Monaten vor der Pleite verstärkt mit Wirecard-Papieren gehandelt haben. Im Oktober hatte die BaFin die Compliance-Regeln für private Wertpapiergeschäfte ihrer Mitarbeiter verschärft. So ist etwa der Handel mit Wertpapieren von Finanzinstituten sowie mit strukturierten Produkten nun verboten.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, bei der die BaFin Anzeige erstattete, wollte sich nicht äußern. An Börse Stuttgart werden viele strukturierte Finanzprodukte gehandelt.

NÄCHSTE RUNDE IM UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Berlin gab der frühere Finanzchef Alexander von Knoop unterdessen dem flüchtigen Vorstand Jan Marsalek die Schuld für den Zusammenbruch. Die Zuständigkeit im Vorstand für die am Ende nicht existierenden Treuhandkonten im Ausland habe allein Marsalek gehabt. "Zu keiner Zeit sind mir die derzeit in Rede stehenden kriminellen Machenschaften anderer Personen in der Wirecard AG mitgeteilt, angedeutet oder sonst bekanntgeworden. Ich hatte davon keine Kenntnis." Er habe von dem Betrug nie selbst wirtschaftlich profitiert und keine berufliche Perspektive mehr.

Von Knoop verlas im Bundestag nur eine Erklärung und wollte keine Fragen beantworten. Er kooperiert nach eigenen Angaben mit der Staatsanwaltschaft. Gegen ihn laufen Bundestagsabgeordneten zufolge drei Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, in denen er auch als Beschuldigter geführt wird.