Der kriselnde Autozulieferer Continental erweitert sein Sanierungsprogramm und stellt weltweit nun 30.000 Arbeitsplätze in Frage, davon 13.000 in Deutschland.

Als Gründe nannte der weltweit drittgrößte Autozulieferer aus Hannover am Dienstag die schon länger schrumpfende Fahrzeugproduktion und die Verschärfung der Konjunkturkrise durch Corona. 30.000 Stellen entsprechen 13 Prozent der Gesamt-Belegschaft und sind 10.000 mehr als Conti vor einem Jahr angekündigt hatte. "Die gesamte Autoindustrie hat derzeit gewaltige Herausforderungen zu bewältigen", erklärte Konzernchef Elmar Degenhart. "Keine ihrer Krisen der vergangenen 70 Jahre war größer und schärfer." Die Gewerkschaften reagierten empört und kündigten massiven Widerstand an. Sie warfen Conti Missmanagement vor.

Die durch Werksschließungen, Produktionsverlagerungen und den Verkauf unrentabler Geschäftsteile ab 2023 angepeilten jährlichen Einsparungen bezifferte der Dax-Konzern auf über eine Milliarde Euro. Damit verdoppelt sich das bisherige Einsparziel. Über die Pläne soll nun weiter mit den Gewerkschaften verhandelt werden. Am Ende entscheidet der Aufsichtsrat. 2025 sollen 90 Prozent der geplanten Anpassungen abgeschlossen sein.

Der Betriebsrat und die bei Conti vertretenen Gewerkschaften IG Metall und IG BCE kritisierten die Abbaupläne scharf. "Werke wie Zitronen ausquetschen und dann das Licht ausschalten, wenn die Marge nicht mehr stimmt, ist fantasielos", sagte Christiane Benner, IG Metall-Vize und Conti-Aufsichtsratsmitglied, der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir finden das Verhalten von Continental verantwortungslos." Es brauche eine auf die Zukunft gerichtete Geschäftsstrategie. Diese werde die Gewerkschaft im Aufsichtsrat einfordern. Benner kritisierte, dass an einigen Standorten bereits Gespräche über eine Perspektive begonnen hätten und der Vorstand aber trotzdem auf Stellenabbau setze. "Wir brauchen jetzt eine Führung, die Krise kann und keine Sonnenkönige."

Unter dem Deckmantel der Corona-Krise solle offenbar "alles zusammengekehrt werden, was den Renditeansprüchen nicht mehr gerecht wird", sagte Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE und des Conti-Aufsichtsrats. "Einen schlichten Kahlschlag wird es mit uns nicht geben." Die beiden Gewerkschaften wollen die Belegschaft in der kommenden Woche für bundesweite Aktionen mobilisieren.

TALFAHRT DAUERT SCHON LÄNGER

Conti ist schon länger von der Erfolgsspur abgekommen und musste seinen Sparkurs mehrfach verschärfen - anfangs wegen der mauen Automobilkonjunktur, später wegen der Corona-Krise. 2019 türmte sich der Netto-Verlust auf 1,2 Milliarden Euro, weil milliardenschwere Abschreibungen auf Firmenwerte und Restrukturierungen die Bilanz schmälerten. Schon vor Ausbruch der Pandemie hatte der Konzern angekündigt, wegen des Wechsels in die Elektromobilität, die Digitalisierung und automatisiertes Fahren dieses Geschäft zu stärken und die Produktion von Komponenten für Verbrenner binnen eines Jahrzehnts abzubauen.

Deshalb sollten bis 2029 etwa 20.000 der weltweit damals rund 240.000 Arbeitsplätze verändert werden, 7000 davon in Deutschland. Von den neuen Plänen sind in Deutschland nun 13.000 Jobs betroffen. Ein Teil des Prozesses sei schon vollzogen, das betreffe weltweit 3000 Stellen, erklärte Conti. Die betroffenen Arbeitsplätze könnten verlagert oder abgebaut werden. Um den Personalabbau zu dämpfen, will Conti mit den Gewerkschaften auch über Arbeitszeitverkürzungen bei gleichzeitiger Weiterqualifizierung sprechen. Zudem wird in Zukunftsbereichen wie der IT und Software Personal eingestellt.