"Anleger haben zwei der größten Geschenke auf ihrem Wunschzettel bekommen", sagte Analyst Sean Callow von der Westpac Bank. "Daran sollten sie zumindest eine Weile Freude haben."

Das Pfund Sterling kletterte dank des klaren Wahlsiegs des britischen Premierministers Boris Johnson auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 1,3514 Dollar. Zur Gemeinschaftswährung markierte es mit 1,2079 sogar den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren. Mit einem Plus von 2,1 Prozent steuerte das Pfund zudem auf den größten Tagesgewinn seit elf Jahren zu.

Am Aktienmarkt stieg der Dax bis zu 1,5 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 13.417,48 Punkten und lag damit nur noch knapp 200 Zähler unter seinem Rekordhoch. Der EuroStoxx50 markierte mit 3761,68 Stellen den höchsten Stand seit gut viereinhalb Jahren. Der britische Nebenwerte-Index, in dem meist vom Heimatmarkt abhängige Firmen notiert sind, gewann in der Spitze 6,6 Prozent und notierte mit 21.910,75 Punkten so hoch wie noch nie. Der irische Leitindex, der ebenfalls sensibel auf Nachrichten rund um den Brexit reagiert, kletterte auf ein Zwölf-Jahres-Hoch von 7329,18 Zählern. Die als sicher geltenden Bundesanleihen flogen dagegen aus den Depots. Dies drückte den Bund-Future, der auf diesen Papieren basiert, 0,3 Prozent ins Minus.

HISTORISCHER WAHLSIEG FÜR JOHNSON

Johnsons Tories fuhren ihr bestes Ergebnis seit 1987 ein. Der Premierminister werde seinen Brexit-Deal nun voraussichtlich noch vor Weihnachten dem Unterhaus zur Abstimmung vorlegen, prognostizierte Rupert Thompson, Chef-Analyst des Vermögensverwalters Kingswood. Die Verabschiedung sei nur eine Formalität und die Gefahr eines chaotischen EU-Ausstiegs Großbritanniens zum 31. Januar 2020 gebannt.

Haupt-Profiteure der schwindenden Unsicherheit seien der Immobiliensektor und die Banken, schrieben die Analysten der Barclays Bank. Der Immo-Branchenindex steuerte mit einem Plus von zeitweise 6,6 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit mehr als zehn Jahren zu. Die Baufirmen Persimmon, Berkeley, Barratt und Taylor Wimpey verbuchten allesamt Kursgewinne von mehr als zehn Prozent. Den Aktien der auf den Heimatmarkt fokussierten Royal Bank of Scotland (RBS) winkte mit einem Plus von gut 14 Prozent der größte Tagesgewinn seit Frühjahr 2009.

Investoren rissen sich außerdem um die Papiere britischer Versorger. Die Titel von Centria, SSE und National Grid verbuchten teilweise die größten Kurssprünge seit Jahren. Die unterlegene Labour Party hatte in ihrem Wahlprogramm die Verstaatlichung der Firmen gefordert.

USA UND CHINA STEHEN OFFENBAR KURZ VOR HANDELSABKOMMEN

Die zweite frohe Botschaft für die Anleger kam von den Handelsgesprächen zwischen den USA und China. Insidern zufolge einigten sich die Parteien im Grundsatz auf ein Abkommen. In dessen Rahmen solle die für Sonntag geplante Verschärfung der US-Strafzölle aufgeschoben und bestehende Abgaben zurückgeschraubt werden. "Uns wurde dieses Geschäft schon oft versprochen und jedes Mal war der Geschenkkarton leer", schrieben die Analysten der Rabobank. Daher heiße es auch jetzt Abwarten, bis der Deal in trockenen Tüchern sei. "Aber von außen betrachtet scheint ein Deal näher zu sein als bisher."

Der dadurch geschürte Konjunkturoptimismus spiegelte sich am Rohstoffmarkt wider. Das wichtige Industriemetall Kupfer verteuerte sich um 0,2 Prozent auf 6168 Dollar je Tonne. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee gewann 1,2 Prozent auf 64,94 Dollar je Barrel (159 Liter). Am Devisenmarkt stieg die chinesische Währung zeitweise auf ein Viereinhalb-Monats-Hoch. Im Gegenzug verbilligte sich der Dollar um ein Prozent auf 6,9570 Yuan. Am deutschen Aktienmarkt gehörten die Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen mit Kursgewinnen von bis zu 3,7 Prozent zu den Favoriten. Ihr Geschäft hängt stark vom Handel mit China ab.