FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 26. Januar 2022. FRANKFURT. Der jüngste Absturz des DAX von zeitweise fast 1000 Punkten innerhalb einer Woche hat zu einem drastischen Stimmungswechsel bei den institutionellen Investoren geführt.

Zumindest eine kleine Mehrheit der von uns befragten heimischen institutionellen Investoren scheint mit ihrer bearishen Marktprognose in der vergangenen Woche richtig gelegen zu haben, womöglich waren sie sogar erfolgreicher als ihre internationalen Fondsmanager-Kollegen. Denn die von den US-Märkten ausgehende Verkaufswelle, die sich, angetrieben durch Stopp-Loss-Verkäufe und Positionsadjustierungen zu verstärken schien, hatte natürlich auch für den hiesigen DAX heftige Folgen. Das Börsenbarometer verlor seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung zeitweise 5 Prozent seines Wertes. Dabei wurde gleichzeitig eines erkennbar: Dip-Käufer im fallenden Markt konnten der Angebotswelle offensichtlich über längere Zeit hinweg nicht genügend Nachfrage entgegensetzen.

Die Gründe für den Abverkauf mögen vielfältig gewesen sein, aber am größten dürfte die gestiegene Angst vor Leitzinserhöhungen in den USA gewesen sein. Und so kommt Jerome Powell in der heute Abend (MEZ) endenden Sitzung des Offenmarktausschusses der Notenbank (FOMC) eine wesentliche Bedeutung zu. Zumal viele Akteure an den Finanzmärkten mittlerweile in diesem Jahr mit vier Leitzinserhöhungen rechnen. Dabei dürfte nicht nur entscheidend sein, was Jerome Powell von sich gibt, sondern auch die Art und Weise, wie er die Notwendigkeit, die Zinsen zu erhöhen, um die höchste Inflation seit 40 Jahren zu senken, kommunizieren wird.

Zu mutige Investoren?

Unterdessen ist es bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont zu einem drastischen Stimmungswechsel gekommen. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um rekordverdächtige 46 Punkte auf einen neuen Stand von +32 gestiegen. Dabei hat sich das Bärenlager nicht nur um über 50 Prozent seiner "Bewohner" infolge von Gewinnmitnahmen reduziert. Vielmehr haben sich per Saldo mehr als 90 Prozent der früheren Pessimisten - möglicherweise ermutigt durch die jüngsten Erfolge - direkt auf die Bullenseite geschlagen.

Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so drastische Tendenz konnten wir bei den Privatanlegern beobachten, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index sich um 13 Punkte auf einen neuen Stand von +12 erhöhte. Hier haben sich alle wechselwilligen ehemaligen Pessimisten (5 Prozent aller Befragten) direkt auf die Seite der Optimisten geschlagen, deren Gruppe zusätzlich auch noch von vormals neutral eingestellten Akteuren gesäumt wurde.

Neue Strategie

Die heutige Stimmungserhebung zeigt auf der einen Seite, dass heimische Investoren an dem Kurseinbruch, von dem zum Erhebungszeitpunkt gerade noch ein Minus von 2,5 Prozent im Wochenvergleich übrig bleibt, zum Teil ordentlich verdient und ihre Engagements überwiegend um 180° sogar auf bullish gedreht haben. Im gleichen Zuge hat der DAX immerhin die Hälfte seiner Verluste seit unserer vergangenen Erhebung wieder wettgemacht. Angesichts der bevorstehenden US-Notenbanksitzung ist dieser Mut der Optimisten bemerkenswert.

Auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Frage, wie sehr die jüngsten Optimisten dem DAX ihre frisch verbriefte Treue halten werden. Denn der Kurseinbruch der vergangenen Tage am Aktienmarkt zeichnete sich dadurch aus, dass einige Dip-Käufer und Schnäppchenjäger womöglich nicht wie in der Vergangenheit auf nachhaltig steigende Aktienkurse setzen wollten. Denn mancherorts war jüngst eine neue Strategie zu vernehmen, wonach man im Falle erfolgreicher Dip-Käufe nicht allzu lange warten, sondern seine Gewinne möglichst rasch realisieren solle. Damit ergibt sich für den weiteren Weg des DAX an der Oberseite durch entsprechende Abgaben heimischer Akteure ordentlich Sand im Getriebe. Auf der anderen Seite hat der DAX im Falle erneuter Kursrückgänge wenig Unterstützung durch verbleibende Nachfrage zu erwarten. Im Gegenteil: Die bullishen Positionen der Investoren von heute stellen eine erhebliche Gefahr für den heimischen Aktienmarkt dar, wenn diese auf dem Weg nach unten die Notbremse in Form von Stopp-Loss Verkäufen ziehen müssten.

26. Januar 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)