FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat sich am Dienstag dank des Kompromisses im Asylstreit wieder etwas erholt. "Das befürchtete Auseinanderbrechen der Union aus CDU und CSU wurde abgewendet", kommentierte Experte Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel. Analyst Milan Cutkovic vom Broker Axitrader warnte allerdings vor zu viel Euphorie. "Die Risikofaktoren bleiben", sagte er und verwies unter anderem auf Sorgen über eine sich abschwächende Wirtschaft in China und den fallenden Yuan. Zudem würden auch die Konsequenzen des an Schärfe gewinnenden Handelskonflikts zunehmend in der realen Wirtschaft spürbar.

Der deutsche Leitindex Dax, der im Handelsverlauf zeitweise um mehr als anderthalb Prozent gestiegen war, beendete den Tag letztlich mit einem Plus von 0,91 Prozent auf 12 349,14 Punkte. Für den MDax ging es um 0,84 Prozent auf 25 877,20 Punkte hoch. Der Technologiewerte-Index TecDax gewann 1,41 Prozent auf 2705,21 Zähler.

Europaweit ergab sich ein ähnliches Bild: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 rückte um 1,01 Prozent auf 3406,34 Punkte vor und auch in Paris und London stiegen die Kurse. In den USA wurden im verkürzten Handel vor dem Unabhängigkeitstag am Mittwoch zuletzt moderate Gewinne verzeichnet.

Die Vorsitzenden von CDU und CSU, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer, hatten ihren erbitterten Asylstreit beigelegt und ein Auseinanderbrechen der Union vorerst abgewendet. Die Schwesterparteien wollen nun Transitzentren für bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze einrichten. Aus diesen Zentren sollen Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen oder bei einer fehlenden Vereinbarung nach Österreich zurückgeschickt werden. Allerdings stehe die Zustimmung des Regierungspartners SPD für diese Vereinbarung aus und auch Österreich müsse mit ins Boot geholt werden, gab Experte Greg Fuzesi von der US-Bank JPMorgan zu bedenken.

Im Dax zählten die Anteilscheine von Allianz mit plus 3,2 Prozent zu den Favoriten der Anleger. Sie profitierten von der Ankündigung des Versicherungskonzerns, bis Ende September eigene Aktien im Wert von bis zu einer Milliarde Euro zurückzukaufen. Erst Anfang Mai war der jüngste Aktienrückkauf über zwei Milliarden Euro abgeschlossen worden.

Die RWE-Aktien nahmen mit einem Aufschlag von 3,9 Prozent die Index-Spitze ein, Eon gewannen 2,4 Prozent und Uniper im MDax 2,3 Prozent. Als Grund wurde am Markt vor allem auf den kräftigen Anstieg des Strompreis-Futures Phelix DE Baseload an der Leipziger Strombörse EEX seit Anfang März verwiesen. Zudem seien aktuell wieder zunehmend Dividendentitel gefragt.

Die Commerzbank-Aktien beendeten den Tag mit plus 0,6 Prozent. Die Sparte EMC, in dem das Geldhaus sein Geschäft mit Aktienderivaten und ETFs bündelt, wird wie erwartet an die französische Großbank Societe Generale verkauft. Einen Preis nannten die beiden Häuser nicht.

Bei der Merck KGaA stand ein marktkonformes Kursplus von 0,8 Prozent zu Buche. Der Pharma- und Chemiekonzern will sein schwächelndes Geschäft mit Spezialmaterialien in den kommenden Jahren wieder auf Wachstumskurs bringen.

Kion-Aktien legten als einer der gefragtesten MDax-Werte um 3,1 Prozent zu, nachdem der chinesische Großaktionär Weichai eine Anteilsaufstockung an dem Gabelstaplerhersteller um zwei Prozentpunkte auf nunmehr 45 Prozent bekannt gegeben hatte.

Im SDax der geringer kapitalisierten Unternehmen gewannen Grenke-Papiere 3,4 Prozent und profitierten davon, dass der IT-Leasing-Anbieter seine Jahresprognose für das Leasing-Neugeschäft angehoben hatte. Die Aktien von BVB stiegen sogar um 6,3 Prozent. Der einstige Fußball-Profi Sebastian Kehl forderte von den Dortmundern bei seiner Vorstellung als neuer Leiter der BVB-Lizenzspielerabteilung eine stärkere Identifikation mit dem Verein und betonte: "Wir brauchen diesen Neustart."

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,17 Prozent am Vortag auf 0,18 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,05 Prozent auf 141,45 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,17 Prozent auf 162,74 Punkte. Der Euro wurde am Abend mit 1,1651 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1665 (Montag: 1,1639) Dollar festgesetzt, womit der Dollar 0,8573 (0,8592) Euro kostete./ck/he

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---