FRANKFURT (awp international) - Die Furcht vor einem wirtschaftlichen Abschwung hat am Dienstag den deutschen Aktienmarkt auf Talfahrt geschickt. Die wichtigsten Aktienindizes gerieten am frühen Nachmittag noch einmal deutlich unter Druck, da die US-Börsen recht schwach aus dem verlängerten Wochenende zurückkehren dürften.

Der hiesige Leitindex Dax war zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit November 2020 abgesackt und knickte zuletzt noch um 2,34 Prozent auf 12 474,40 Punkte ein. Der MDax der mittelgrossen Werte sackte um 3,49 Prozent auf 24 616,28 Zähler ab. Er notiert mittlerweile auf dem Niveau von Mai 2020.

Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 2,2 Prozent nach unten.

Abgesehen von kurzen Erholungen wagen sich die Anleger derzeit nicht nachhaltig aufs Börsenparkett. "Die Unsicherheit über die Inflation und die damit im Zusammenhang stehenden Rezessionssorgen nebst der Gas-Problematik haben die Börsen voll im Griff", schrieb Timo Emden, Marktanalyst vom Emden Research.

Anleger befürchten, dass die Leitzinserhöhungen grosser Notenbanken im Kampf gegen die starken Preissteigerungen eine Rezession auslösen könnten. Zudem gibt es gerade in Deutschland die Gefahr vollständig ausbleibender Erdgaslieferungen aus Russland. Dies würde sowohl die Inflation weiter nach oben treiben als auch die Konjunktur massiv belasten.

"Wir bleiben im Modus 'Sell the Rally' statt 'Buy the Dip' und konzentrieren uns weiterhin auf aktive Absicherungsstrategien", hiess es in einer Strategie-Studie des Analysten Jonathan Stubbs von der Berenberg Bank. Mit diesem Ansatz meint der Experte den schnellen Ausstieg bei Erholungen. Nach seiner Ansicht preisen die Aktienmärkte bislang nur eine konjunkturelle Abkühlung, aber noch keine Rezession ein. Letztere sei nun aber das Basisszenario der Berenberg-Ökonomen für 2023.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht das Land angesichts der aktuellen Krisen vor grossen Herausforderungen in den kommenden Monaten. "Die Gegenwart ist gar nicht so schlecht, aber die Angst vor der Rezession, vor der Zukunft, und zwar schon vor der unmittelbaren Zukunft, ist überwältigend gross", sagte der Grünen-Politiker

Hierzulande gerieten insbesondere Aktien konjunktursensibler Unternehmen stark unter Druck. So büssten die Anteilsscheine des Triebwerkherstellers MTU am Dax-Ende knapp acht Prozent ein. Die Papiere des Halbleiterindustrie-Ausrüsters Aixtron fielen im MDax um rund neun Prozent.

Mit Blick auf weitere Einzelwerte gab es am Dienstag bereits erste Vorboten der bald Fahrt aufnehmenden Berichtssaison der Unternehmen. Eine starke Nachfrage nach nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten trieb den Online-Arzneimittelhändler Shop Apotheke kräftig an. Ihre Anteilsscheine standen mit einem Plus von knapp zehn Prozent unangefochten an der Spitze des Nebenwerteindex SDax , nachdem sie zu Wochenbeginn noch mit einem Minus von mehr als sieben Prozent unter einer skeptischen Studie der Investmentbank Oddo BHF gelitten hatten.

Demgegenüber brachen die Anteilsscheine von Eckert & Ziegler am SDax-Ende um fast 17 Prozent ein. Der Strahlen- und Medizintechnikkonzern senkt seine Gewinnprognose für das laufende Jahr.

Der Euro fiel auf das tiefste Niveau seit knapp 20 Jahren und notierte zuletzt bei 1,0292 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Montag auf 1,0455 (Freitag: 1,0425) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9565 (0,9592) Euro.

Am Rentenmarkt sank die Umlaufrendite von 1,19 Prozent am Vortag auf 1,14 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,32 Prozent auf 134,37 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,88 Prozent auf 150,75 Punkte./la/mis

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---