FRANKFURT (awp international) - Nach einer knapp zweiwöchigen Erholungsrally bis über die Marke von 12 800 Punkten hat sich der Dax am Freitag stabil gezeigt. Die Anleger hoffen nach wie vor auf einen geregelten Brexit und eine Einigung zwischen den USA und China im Zollstreit. Dafür haben sie aber bereits reichlich Vorschusslorbeeren gegeben und wollen sich vorerst nicht noch weiter aus dem Fenster lehnen. Es gibt Zweifel, dass der britische Premierminister Boris Johnson den Brexit-Deal durch das britische Parlament bekommt. Dazu gesellt sich ein überraschend langsames Wachstum der chinesischen Wirtschaft im dritten Quartal.

In frühen Handel gewann der deutsche Leitindex moderate 0,14 Prozent auf 12 672,71 Punkte, nachdem er tags zuvor zeitweise bis auf 12 814 Punkte geklettert war. Der Gewinn der vergangenen vier Handelstage beträgt nach zwischenzeitlich gut 2,4 Prozent aktuell noch 1,3 Prozent. Seit dem Start seiner Erholung vor etwas mehr als zwei Wochen ist er inzwischen wieder um 6,3 Prozent gestiegen.

Der MDax für mittelgrosse Werte rückte am Freitag um 0,27 Prozent auf 26 175,44 Punkte vor. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 legte um 0,09 Prozent auf 3591,70 Zähler zu.

Die Verständigung zwischen der EU und Grossbritannien auf ein Brexit-Abkommen hatte dem Aktienmarkt laut Analyst Christian Schmidt von der Helaba am Donnerstag zunächst den nötigen Schwung gegeben, um auf ein neues Hoch seit August 2018 zu klettern. Dann aber sei die Unsicherheit zurückgekehrt. "Denn ob der Deal am Samstag auch eine Mehrheit am im britischen Parlament finden wird, scheint sehr fraglich."

Auch aktuelle Daten aus China machen den Anlegern keine Freude: Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft im dritten Quartal fiel mit plus 6,0 Prozent so gering aus wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Als Ursachen nannten Experten insbesondere den Handelskrieg zwischen China und den USA - und auch hier gibt es bislang keinen echten Durchbruch.

Beim Blick auf die Branchen zogen einmal mehr die Autowerte erhöhte Aufmerksamkeit auf sich. Dass der französische Autobauer Renault seine Jahresziele kappte, belastete den ganzen europäischen Sektor. Mit einem Abschlag von 1,6 Prozent war er das Schlusslicht unter den insgesamt 19 Branchen. Die Aktien von VW , BMW und Daimler gaben allesamt jeweils rund ein Prozent ab. Die Anteile des Zulieferers Continental verloren sogar 1,6 Prozent und zählten zusammen mit den Papieren des Zahlungsabwicklers Wirecard mit minus 2,3 Prozent zu den schwächsten Dax-Werten.

Die Aktien der Zulieferer für Nutzfahrzeuge, SAF-Holland und Jost Werke litten mit Verlusten von jeweils etwas mehr als 1 Prozent unter den herben Auftragseinbrüchen beim Lkw-Hersteller Volvo.

Die Anteilsscheine von Osram stiegen im MDax um 0,8 Prozent. Erneut aufgeflammte Übernahmehoffnungen stützten, denn der Aufsichtsrat des österreichischen Sensorspezialisten AMS will wohl während seiner Sitzung an diesem Freitag auch über ein mögliches neues Gebot für den deutschen Lichtspezialisten sprechen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Nachdem jüngst das Übernahmeangebot von AMS über 41 Euro je Aktie an der Mindestannahmeschwelle von 62,5 Prozent gescheitert war, ist es denkbar, dass die Schwelle gesenkt wird.

Kaufempfehlungen trieben zudem die Aktie Gelb und die der Software AG nach oben. Die Aussichten für die Deutsche Post hätten sich deutlich verbessert und die Sicht in die Zukunft sei klarer geworden, schrieb Berenberg-Analyst William Fitzalan Howard und hob zudem das Kursziel auf 38 Euro an. Das verhalf den Papieren an die Dax-Spitze mit plus 1,8 Prozent auf 31,06 Euro.

Analyst Gautam Pillai von der US-Investmentbank Goldman Sachs sieht inzwischen positive Anzeichen für eine Kehrtwende bei dem Darmstädter Software-Konzern und verwies er auf eine ermutigende Dynamik in der Umstrukturierung. Im MDax gewannen die Aktien als Spitzenwert 6,3 Prozent./ck/mis