FRANKFURT (awp international) - Die erneute Eskalation der Gaskrise hat den hiesigen Aktienmarkt am Montag spürbar belastet. Deutschland bekommt praktisch kein Gas mehr aus Russland. Der russische Staatskonzern Gazprom lässt alle Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 bis auf Weiteres ruhen - angeblich wegen technischer Probleme.

Der Kreml machte die Sanktionspolitik für den Gas-Lieferstopp verantwortlich. Vermutet wird aber, dass Kremlchef Wladimir Putin den Westen - und insbesondere Deutschland - im Konflikt um die Ukraine noch mehr unter Druck setzen will. "Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst", schrieb Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst vom Handelshaus CMC Markets.

Der Dax büsste 3,27 Prozent auf 12 623,11 Punkte ein. Am Freitag hatte die grosse Erleichterung nach dem jüngsten US-Arbeitsmarktbericht den deutschen Leitindex noch über die 13 000-Punkte-Marke gehievt. Der MDax der mittelgrossen Werte fiel am Montag um 3,12 Prozent auf 24 377,85 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 2,7 Prozent.

Angesichts des Gas-Lieferstopps aus Russland zog der europäische Erdgaspreis an der Energiebörse in Amsterdam deutlich an, wodurch sich die Bezugspreise auf den eng vernetzten Energiemärkten weiter erhöhen. Die hohen Gaspreise und die zunehmenden Lieferbeschränkungen lasteten vornehmlich auf den Aktien des grössten deutschen Gasimporteurs Uniper , die auf ein Rekordtief fielen und zuletzt als Schlusslicht im MDax um knapp zehn Prozent absackten.

Zudem sorgte für Gesprächsstoff, dass die Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) Bürgerinnen und Bürger angesichts steigender Preise mit einem dritten Unterstützungspaket in Höhe von mehr als 65 Milliarden Euro entlasten will. Eine geplante Massnahme ist, dass für einen gewissen Basisverbrauch an Strom ein vergünstigter Preis gelten soll. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Finanziert werden soll die Preisbremse, indem übermässige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen.

Das Paket überrasche positiv für Eon und negativ für RWE , schrieb Analyst Peter Crampton von der britischen Investmentbank Barclays. Das liege auch daran, dass die Regierung stärker auf die Besteuerung von Übergewinnen von Energiekonzernen setzen wolle als erwartet.

Mit Blick auf Eon seien die Vorschläge positiv, die Menschen bei den Stromrechnungen zu entlasten, fuhr Crampton fort. Eon fokussiert sich auf Netze und Vertrieb fokussiert, wohingegen RWE vor allem in der Stromerzeugung aktiv ist. Die Aktien von RWE verloren rund vier Prozent, für die Papiere von Eon ging es zuletzt um knapp drei Prozent nach unten.

Die Aussicht auf die Abschöpfung übermässiger Gewinne traf insbesondere Projektentwickler für erneuerbare Energien. So sackten die Anteilsscheine des Solar- und Windpark-Betreibers Encavis um fast neun Prozent ab und die von PNE um mehr als fünf Prozent./la/zb