FRANKFURT (awp international) - Mit deutlichen Verlusten steuert der Dax am Freitag auf eine tiefrote Woche zu. Zins- und Rezessionssorgen beherrschten die Anleger auch zum grossen Verfallstermin vor dem Wochenende. Der deutsche Leitindex Dax verlor bis zum Nachmittag 1,80 Prozent auf 12 723,93 Punkte und stand damit nur leicht über seinem Tagestief. Der MDax der mittelgrossen Werte rutschte gar auf ein Tief seit Mai 2020 - hier stand zuletzt ein Minus von 2,42 Prozent auf 23 862,44 Punkte zu Buche. Für den EuroStoxx 50 ging es um fast eineinhalb Prozent bergab.

"Eine Woche zum Vergessen", titelte denn auch Jürgen Molnar von CMC Markets: Für die vergangenen fünf Handelstage ergibt sich aktuell im Dax ein Minus von fast drei Prozent, obwohl dieser zum Wochenstart zunächst noch im Erholungsmodus gewesen war. Doch der wieder wachsende Optimismus der Anleger hatte bereits am Dienstag einen Schlag durch die anhaltend hohe Teuerung in den USA erlitten. Daraufhin geisterten Spekulationen durch den Raum, die US-Notenbank könnte womöglich sogar zu einem massiven Zinsschritt von 100 Basispunkten gezwungen sein. Die Blicke der Anleger sind daher bereits fest auf die Zinssitzung der Fed in der kommenden Woche gerichtet.

Auf Unternehmensseite im deutschen Leitindex stachen am Freitag die Papiere der Post mit hohen Abschlägen hervor. Sie fielen auf ein Tief seit Mitte 2020 und verloren zuletzt mehr als fünf Prozent. Für den Kursrutsch sorgten die schwachen Zahlen und eine zurückgezogene Gewinnprognose des US-Konkurrenten Fedex . Zur Begründung hatten die US-Amerikaner auf das eingetrübte wirtschaftliche Umfeld verwiesen. Die Nachrichten beunruhigen die Börsianer, denn auch die Deutsche Post ist wie die Amerikaner stark im Frachtgeschäft engagiert. Ein Marktkenner erklärte allerdings, die Trends seien wegen einer abweichenden Kostenbasis nicht vergleichbar.

Bewegt zeigten sich auch zahlreiche Immobilienwerte nach grossen Sektorstudien von Goldman Sachs, JPMorgan und Barclays. Die sehr zinsempfindliche Branche steht aktuell wegen der Aussichten auf weiter steigende Zinsen der Notenbanken unter Druck und liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Einzelhändlern um die schwächste Branche des Jahres. Auch am letzten Handelstag der Woche zeigte sich der Sektor europaweit schwach.

TAG Immobilien jedoch kletterten gegen den Trend an der MDax-Spitze um knapp zwei Prozent nach oben - Barclays-Experte Sander Bunck hob sein Votum um zwei Stufen auf "Overweight". Die Aktien seien zuletzt den Branchenkollegen hinterhergelaufen und böten eine attraktive Ergebnisrendite, urteilte der Experte.

Am Dax-Ende sammelten sich ehemalige Corona-Gewinner aus dem Pharmasektor, der durch die Energiekrise und die Inflation als zunehmend belastet gilt. Merck, Siemens Healthineers und Sartorius verbilligten sich um dreieinhalb bis zu acht Prozent. Auch für die Chemiewerte, die als grösster Gasverbraucher in Deutschland gelten, ging es bergab. Wacker Chemie etwa standen mit minus 5,8 Prozent auf dem letzten MDax-Platz, BASF im Dax verloren 2,2 Prozent.

Dagegen griffen die Anleger europaweit wieder bei den als defensiv geltenden Versorgeraktien zu. RWE -Aktien führten den Dax mit einem Plus von 0,6 Prozent an, Konkurrent Eon stemmte sich mit einem nur moderaten Minus gegen die Marktschwäche. Aktien des angeschlagenen Versorgers Uniper blieben hingegen im Abwärtssog. Sie dämmten ihre Verluste im Handelsverlauf aber auf ein Minus von 4,6 Prozent ein, am Morgen waren sie noch mit einem erneut prozentual zweistelligen Abschlag auf ein weiteres Rekordtief gefallen.

Der Euro gab nach und kostete am Nachmittag 0,9955 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Donnerstag auf 0,9992 (Mittwoch: 0,9990) Dollar fest. Der Dollar hatte damit 1,0008 (1,0010) Euro gekostet.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,64 Prozent am Vortag auf 1,68 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,31 Prozent auf 130,20 Punkte. Der Bund-Future (Dezember-Kontrakt) gab um 0,19 Prozent auf 142,66 Punkte nach./tav/mis

--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---