FRANKFURT (awp international) - Der zuletzt rekordhohe Dax ist am Donnerstag stärker unter Druck geraten. Am späten Vormittag fiel der deutsche Leitindex um 0,71 Prozent auf 15 676,22 Punkte, nachdem er am Vortag mit 15 810 Punkten seine bisherige Bestmarke minimal überboten hatte. Der MDax gab um 0,46 Prozent auf 34 616,86 Punkte nach. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor etwas mehr als ein halbes Prozent.

Auf dem Rekordniveau, das zuletzt auch der MDax und diverse US-Indizes erreichten, fehlten dem Dax am Donnerstag die weiteren Impulse, die auch nicht aus Übersee kamen. Im Fokus stand die Nachlese jüngster Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell. Experte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank betonte, dass dieser daran festhielt, dass die hohe US-Inflation ein vorübergehender Effekt sei, auch wenn sie noch eine Weile andauern könnte.

Marktexperte Jim Reid von der Deutschen Bank sprach von beruhigenden Anmerkungen des US-Notenbankchefs. Diese allein konnten den Aktienkursen nun aber nicht weiter nach oben verhelfen, eher kam es unter den Anlegern zu Gewinnmitnahmen. "Der Deutsche Aktienindex bleibt zwar in Sichtweite des am Montag erreichten Allzeithochs, aber noch fehlen die Käufer, die den Index weiter in Richtung 16 000 Punkte treiben", ergänzte Marktbeobachter Milan Cutkovic vom Broker Axi.

Eine Belastung für den Dax und die Stimmung waren die Aktien von Siemens Energy , die am Indexende um 9,5 Prozent auf ein Tief seit November absackten. Hier schlug eine Gewinnwarnung von Siemens Gamesa wegen operativer Probleme durch. Die ebenfalls börsennotierten Aktien der Windkrafttochter brachen sogar um 14 Prozent ein. Das Ziel einer operativen Marge im Bereich von 3 bis 5 Prozent werde man für das Geschäftsjahr verfehlen, teilte Siemens Energy mit.

Die Nachrichten stimmten auch die Anleger anderer Unternehmen, die im Bereich der Erneuerbaren Energien aktiv sind, besonders ängstlich. Der Kurs des direkten Gamesa-Wettbewerbers Nordex rutschte im MDax um 4,5 Prozent ab und jener des Windpark-Investors Encavis sogar um fünf Prozent. RWE büssten im Dax derweil gut ein Prozent ein.

Dem schwachen Energie-Umfeld konnten sich aber die Eon -Aktien entziehen, die zuletzt um 2,1 Prozent stiegen. Die US-Bank JPMorgan ist nach einer am Vortag beschlossenen Renditekürzung durch die Bundesnetzagentur mit einem "Overweight"-Votum optimistischer für den Energiekonzern geworden. Damit sänken nun die regulatorischen Risiken. Der Experte rechnet mit einer besseren Stimmung auch im Hinblick auf den Kapitalmarkttag im November.

Auf der Gewinnerseite gab es im Leitindex sonst nur wenige Kandidaten, selbst die Daimler -Aktien waren nach positivem Start zuletzt mit 0,2 Prozent ins Minus abgerutscht. Damit verpufften starke Eckdaten des Autobauers, der im zweiten Quartal erneut mehr verdient hat als erwartet. Börsianer erinnerten aber an den guten Lauf der Papiere seit den starken Eckdaten, die der Konkurrent VW vorgelegt hatte.

Unter den Nebenwerten fielen die Drägerwerk -Aktien im SDax mit einem mehr als fünfprozentigen Abschlag negativ auf. Der Medizin- und Sicherheitstechnik-Konzern hat im zweiten Quartal beim operativen Ergebnis unerwartet schwach abgeschnitten.

Im SDax waren die Aktien von Pfeiffer Vacuum dagegen eine positive Erscheinung, indem sie um 1,9 Prozent anzogen. Die Experten von Kepler Cheuvreux hatten die Titel des Vakuumpumpen-Spezialisten zum Kauf empfohlen.

Eine Kaufempfehlung gab es auch für den im MDax notierten Flugzeugbauer Airbus durch die US-Bank Citigroup, die Aktien fielen aber dennoch um ein halbes Prozent. Sie folgten damit der allgemeinen Branchenschwäche wegen der weiter grassierenden Delta-Variante des Coronavirus. Aktien aus der Reisebranche wie etwa Fraport oder Tui standen weiter unter Druck.

Später könnten noch neue Impulse aus den USA kommen, wo der Leitindex Dow Jones Industrial schon zwei Monate auf eine neue Bestmarke wartet. Dort setzt sich die eingeläutete Berichtssaison am Donnerstag unter anderem mit Morgan Stanley als nächste Grossbank fort. Ausserdem folgen am Nachmittag diverse US-Wirtschaftsdaten, darunter neueste Zahlen zur Industrieproduktion und Stimmungsindikatoren aus den Bundesstaaten New York und Philadelphia./tih/jha/