FRANKFURT (awp international) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben die Furcht vor den Folgen der Ausbreitung des Coronavirus am Dienstag weiter abgeschüttelt. Die gesunkene Wahrscheinlichkeit neuer US-Strafzölle gegen China verbunden mit Spekulationen über eine flexiblere Auslegung der Ziele aus dem Phase-1-Handelsvertrag beider Länder steigerten wieder die Risikoneigung der Investoren, erklärte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets.

Der Dax baute seine Anfangsgewinne im Verlauf aus und überwand die von charttechnisch orientierten Marktakteuren als wichtig erachtete Marke von 13 200 Punkten. Am Nachmittag notierte das Börsenbarometer 1,50 Prozent höher bei 13 240,72 Zählern. In der Vorwoche hatte der deutsche Leitindex wegen der Virus-Ängste mehr als 4 Prozent an Wert eingebüsst.

Für den MDax mit den mittelgrossen deutschen Werten ging es am Dienstag um 1,31 Prozent auf 28 412,46 Zähler nach oben. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann rund 1,6 Prozent.

Bei den Investoren überwiege derzeit die Hoffnung, dass die Massnahmen der chinesischen Regierung gegen die Epidemie wirksam sein werden und dass Peking die Wirtschaft verstärkt stütze, sagte Analyst Milan Cutkovic von AxiTrader.

Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank machte auf die seit Tagen existierende Branchenrotation am deutschen Aktienmarkt aufmerksam: "Der Risikohunger ist wieder vorhanden und so stehen die Aktien von Infineon, Covestro und Volkswagen hoch im Kurs. Defensive Unternehmen zum Beispiel aus dem Versorgersektor werden eher verkauft."

Die Aktien von Bayer standen mit einem Kursanstieg von 3,1 Prozent an der Dax-Spitze. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf das Analysehaus Susquehanna berichtet, wurde der vor rund einer Woche verschobene Prozess gegen die Bayer-Tochter Monsanto zum Unkrautvernichter Glyphosat womöglich abgesagt. Ein Händler wertete dies als positives Signal mit Blick auf die Vergleichsverhandlungen zwischen Bayer und den vielen tausend Glyphosat-Klägern in den USA.

Gut gefragt waren auch die Aktien der Lufthansa mit plus 3,0 Prozent. Seit Ausbruch des Coronavirus Anfang Januar war es für die Papiere der Airline um gut 18 Prozent abwärts gegangen. Die Lufthansa gilt bei Analysten als einer der grössten Leidtragenden der Branche.

Infineon verteuerten sich um 2,7 Prozent. Die Papiere des Chipkonzerns waren nach ihrem jüngsten Hoch seit Sommer 2018 binnen sechs Handelstagen um mehr als 12 Prozent abgesackt. Infineon legt an diesem Mittwoch Geschäftszahlen vor. Enttäuscht hatte die Anleger der Quartalsbericht des US-Halbleiterhersteller ON Semiconductor mit schwächeren Margen als erwartet.

Mit einem Kursplus von 5,7 Prozent eroberten Varta-Titel die tags zuvor gerissene, als Trendindikator geltende 200-Tage-Linie zurück. Mit einem Verlust von zwischenzeitlich rund 40 Prozent im laufenden Jahr sind sie mit Abstand schwächster MDax-Wert des noch jungen Jahres. Analyst Floran Pfeilschifter vom Analysehaus Mainfirst hatte den Papieren tags zuvor mit einer bestätigten Kaufempfehlung die Stange gehalten.

Der Eurokurs wurde zuletzt bei 1,1047 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1066 Dollar festgesetzt.

Die Kurse deutscher Bundesanleihen fielen deutlich. Die Umlaufrendite stieg im Gegenzug von minus 0,44 Prozent am Vortag auf minus 0,41 Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,12 Prozent auf 144,85 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,34 Prozent auf 174,46 Zähler./edh/mis

--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---