FRANKFURT (awp international) - Konjunktursorgen und enttäuschende Unternehmensnachrichten haben den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag auf Talfahrt geschickt. Nach seinem bis zur Wochenmitte recht lethargischen Verlauf büsste der Leitindex Dax bis zum frühen Nachmittag 3,02 Prozent auf 12 435,14 Punkte ein. Dies ist das niedrigste Niveau seit Anfang Juli.

Der MDax der mittelgrossen Werte sank um 1,79 Prozent auf 26 348,52 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 2,4 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft hat auf dem Höhepunkt der Corona-Krise einen noch nie da gewesenen Einbruch erlebt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 10,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljährlichen BIP-Berechnungen im Jahr 1970. Bereits zum Jahresanfang war die Wirtschaftsleistung deutlich gesunken. Europas grösste Volkswirtschaft steckt in einer tiefen Rezession.

Ralf Umlauf, Analyst der Landesbank Helaba, äusserte sich skeptisch: "Zwar verbessern sich Stimmungsindikatoren und realwirtschaftliche Daten seit einigen Monaten wieder deutlich, für das Gesamtjahr 2020 wird dennoch mit einem sehr grossen Minus beim Bruttoinlandsprodukt zu rechnen sein. Darüber hinaus schwebt das Damoklesschwert der zweiten Infektionswelle vor allem über der Entwicklung der internationalen Konjunktur." Derweil brach auch in den USA die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal infolge der Coronavirus-Pandemie in noch nie da gewesenem Ausmass ein.

Im Dax sackten die Vorzugsakten von Volkswagen um mehr als sechs Prozent ab. Der Autobauer rutschte in der Corona-Krise tief in die roten Zahlen und will nun weniger an die Aktionäre ausschütten als zunächst gedacht. Schlechter im Leitindex waren nur noch Wirecard mit einem Minus von fast neun Prozent. Die Papiere des insolventen Zahlungsdienstleisters sind inzwischen zu einem kurzfristigen Spekulationsobjekt geworden.

Stark unter Druck standen ebenfalls die Anteilsscheine von HeidelbergCement , die gut fünf Prozent einbüssten. Dem Baustoffkonzern haben im zweiten Quartal hohe Abschreibungen einen Milliardenverlust eingebrockt. Auch die nach dem Corona-Crash sehr stark gelaufenen Papiere der Deutschen Börse konnten sich dem Abwärtssog am Gesamtmarkt nicht entziehen und fielen um rund fünf Prozent. Die Geschäftszahlen des Börsenbetreibers hätten zwar den Erwartungen in etwa entsprochen, sagte ein Händler. Weil positive Überraschungen aber ausgeblieben seien, hätten die Anleger nun Kasse gemacht.

Am MDax-Ende brachen die Aktien von Siltronic um rund acht Prozent ein. Händler verwiesen auf den Ausblick als Belastung. So habe der Wafer-Hersteller mit dem Quartalsbericht zwar durchweg besser als erwartet abgeschnitten, aber eine Fortsetzung dieses Trends sei wohl in der zweiten Jahreshälfte nicht der Fall. Voraussichtlich sinkende Aufträge seien nicht schön, hiess es.

Im Nebenwerte-Index SDax ragten die Anteilsscheine von Krones mit einem Minus von mehr als zwölf Prozent negativ heraus. Der Abfüll- und Verpackungsanlagenhersteller war wegen der Corona-Krise im zweiten Quartal tiefer in die roten Zahlen gerutscht.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,53 Prozent am Vortag auf minus 0,55 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,12 Prozent auf 145,70 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,33 Prozent auf 177,62 Punkte. Der Euro kostete am Nachmittag 1,1753 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,1725 (Dienstag: 1,1717) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8529 (0,8535) Euro gekostet./la/fba

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---