FRANKFURT (awp international) - Die von US-Notenbank-Chef Jerome Powell neu angefachte Zinsangst belastet am Montag weiter den deutschen Aktienmarkt. Der am Freitag schon tiefrote Dax rutschte gegen Mittag nochmals um 1,46 Prozent ab auf das niedrigste Niveau seit Mitte Juli. Mit 12 782,42 Punkten entfernte er sich weiter von der 13 000er-Marke. Er macht damit einen charttechnisch ziemlich angeschlagenen Eindruck.

In der zweiten deutschen Börsenliga waren die Verluste zu Wochenbeginn nur wenig geringer, wie der MDax mit einem Abschlag von knapp einem Prozent auf 25 274,57 Zähler zeigte. Auf gesamteuropäischer Bühne dagegen war der Abgabedruck etwas grösser: Der Eurozonen-Index EuroStoxx 50 sackte um 1,7 Prozent ab.

Am Freitag schon hatte Powell die Märkte mit seinen Aussagen auf der Notenbankkonferenz in Jackson Hole erheblich unter Druck gesetzt. Laut dem Bankhaus Metzler hat er nachdrücklich die Absicht bekräftigt, die Geldpolitik so weit zu straffen, dass die Inflation auf das Zielniveau von zwei Prozent sinkt. Dabei habe er eingeräumt, dass dies wahrscheinlich "einige Schmerzen für Haushalte und Unternehmen" bedeutet.

Zuvor hätten einige Marktteilnehmer die Hoffnung gehegt, dass die Fed ihren re­striktiven Kurs infolge einer sich abkühlenden Wirtschaft revidieren könnte. "Dem erteilte Powell jedoch eine klare Absage", kommentierte Metzler-Analyst Eugen Keller. "Stattdessen stimmte er auf weiterhin schwere Zeiten ein", sagte der Experte. Unter Anlegern wird damit die Sorge vor einer Rezession wieder grösser.

Für Nervosität der Anleger sorgt derzeit ausserdem der von Russland angekündigte dreitägige Gas-Lieferstopp, den es ab Mittwoch geben soll. Beim europäischen Gaspreis gab es am Montag aber dennoch etwas Entlastung, was damit in Verbindung gebracht wurde, dass der Füllstand der deutschen Gasspeicher höher ist als zuletzt gedacht.

Bei Einzelaktien waren im Dax die roten Vorzeichen weit verbreitet, eine positive Ausnahme waren aber die 1,5 Prozent höheren Aktien der VW-Konzernholding Porsche SE . Hier warten die Anleger hoffnungsvoll auf Neuigkeiten zum Börsengang zur VW-Sportwagentochter Porsche AG, nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag in Berufung auf Kreise berichtet hatte, dieser könnte in der ersten Septemberwoche ankündigt werden.

Bayer verbuchten hingegen mit minus drei Prozent einen grösseren Tagesverlust, hier wurden Studiendaten zum Medikamentenkandidaten Asundexian kein positiver Kurstreiber. Experten bewerteten die Daten zwar tendenziell leicht positiv, die von manchen offenbar erhofften Freudensprünge gab es aber nicht. Auch Studiendaten zum Nierenmedikament Finerenon brachten kursmässig keine Entlastung.

Ansonsten kamen grössere Verlierer aus zinsempfindlichen Branchen, darunter vor allem der wachstumsträchtige Technologiesektor, wie die mit minus vier Prozent besonders schwachen Aktien von Infineon zeigten.

Auch im kapitalintensiven Bereich der Erneuerbaren Energien rutschten die Kurse ab, vor allem galt dies für Windparkprojektierer wie Encavis oder PNE mit Abgaben von jeweils 4,6 Prozent. Versorger standen europaweit generell auf den Verkaufslisten, auch weil die Diskussionen über eine Übergewinnsteuer für Profiteure der hohen Energiepreise wieder zunehmen.

Vor diesem Hintergrund hatten RWE am Montag zeitweise mehr als fünf Prozent verloren, zuletzt aber relativierte sich der Druck etwas auf 2,7 Prozent. RWE ist es zuletzt vergleichsweise gut ergangen, indem der Kurs dem höchsten Niveau seit 2011 nahegekommen war.

Für die geplante Gasumlage strebt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Korrektur an, um zu verhindern, dass auch Unternehmen profitieren, die dies wirtschaftlich nicht benötigen. Die ab Oktober geplante Umlage soll sich aber vor allem an Unternehmen wie Uniper richten, die wegen des hohen Gaspreises in eine schwere Schieflage geraten sind. Mit einem Abschlag von 5,8 Prozent sackten die Uniper-Anteile am Montag erneut auf ein Rekordtief./tih/stk