FRANKFURT (awp international) - Corona- und Inflationssorgen haben auch am Mittwoch die Stimmung der Anleger am deutschen Aktienmarkt getrübt. Nach dem Fall unter die 16 000 Punkte am Dienstag blieb eine erhoffte Wende aus, der Dax sackte im Verlauf unter sein Vortagstief. Eine erneut verschlechterte Stimmung in der deutschen Wirtschaft vertiefte die Bedenken der Anleger zusätzlich.

Der Dax fiel gegen Mittag um 0,85 Prozent auf 15 800,92 Punkte und ging damit weiter auf Abstand zum jüngsten Rekord von 16 290 Punkten. Der MDax sank um 1,25 Prozent auf 34 616,27 Punkte. Auf europäischer Bühne fiel der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 etwas moderater um 0,6 Prozent.

Das Ifo-Geschäftsklima verschlechterte sich im November schon zum fünften Mal in Folge. Laut den Experten der Commerzbank geht dies hauptsächlich auf das Konto der vierten Corona-Welle, die derzeit über Deutschland einbricht. Diese gilt unter Börsianern seit einigen Tagen schon als Kernargument gefallener Aktienkurse - am Vortag noch ergänzt durch erneute Inflations- und Zinsbedenken.

"Die deutsche Wirtschaft dürfte im Winterhalbjahr bestenfalls stagnieren", zog der Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ein negatives Fazit. Die Pandemie belaste nicht nur die Geschäftsaussichten im Handel und bei Dienstleistungen, sondern auch das verarbeitende Gewerbe, weil der Nachschub aus China wegen der dort praktizierten Zero-Corona-Strategie weiter stocken werde.

Die Tagesagenda bleibt zur Wochenmitte prall gefüllt: Am Nachmittag ballen sich am Tag vor dem amerikanischen "Thanksgiving"-Feiertag noch viele US-Konjunkturdaten und am Abend folgt das Sitzungsprotokoll der jüngsten US-Notenbanksitzung. Dieses dürfte nach Einschätzung der Credit Suisse angesichts der Reduzierung der zur Konjunkturbelebung aufgelegten Wertpapierkäufen kritisch beäugt werden.

Auf Unternehmensseite brachen die Aktien von Drägerwerk um 11,6 Prozent ein, weil der Medizin- und Sicherheitstechnik-Anbieter nach dem Sonderboom in der Corona-Pandemie verhalten voraus blickt. Laut dem Warburg-Experten Eggert Kuls ist der Margenausblick eine herbe Enttäuschung. Auch kursmässig scheint der Corona-Boom verflogen: Unter 60 Euro rutschte der Kurs auf den tiefsten Stand seit der Frühphase der Pandemie im März 2020.

Aroundtown erntete für seine Neunmonatszahlen auch kein Anlegerlob, der Kurs kam hier mit 2,3 Prozent unter Druck. Zwischenzeitlich erreichten die Papiere ein Tief seit Februar. Die Folgen der Corona-Pandemie belasten den Gewerbeimmobilien-Spezialisten weiter. Allerdings ging der operative Gewinn in den ersten neun Monaten nicht mehr so stark zurück wie noch im ersten Halbjahr.

Im besonders schwachen MDax waren jedoch die Aktien von Aixtron mit einem Minus von fast zehn Prozent noch auffälliger. Hier wurde am Markt angesichts des jüngsten Falls unter die 200-Tage-Durchschnittslinie auf das deutlich getrübte Chartbild verwiesen. Berenberg-Analystin Charlotte Friedrichs kappte ausserdem ihre Ergebnisprognosen, weil sie kurzfristig mit nachlassendem Auftragsschwung rechnet. Sie sieht beim Kurs aber deutlich Luft nach oben.

Kursbewegend wirkte sich ansonsten noch die gestrichene Kaufempfehlung eines Analysten aus: Die Papiere von SMA Solar blieben nach einer Abstufung auf "Hold" durch die Privatbank Berenberg mit 5,4 Prozent unter Druck. Experte Lasse Stüben rechnet bei dem Solartechnikhersteller auch 2022 noch mit Gegenwind und wartet lieber auf weitere Beweise für eine nachhaltige Margenverbesserung.

Ein weiterer grosser Verlierer im SDax waren die Ceconomy -Aktien mit einem Kursrutsch um 8,8 Prozent. Sie fielen damit deutlich unter das neue 4-Euro-Kursziel des Barclays-Experten Nicolas Champ. Er rechnet damit, dass mögliche neue Corona-Restriktionen, Lieferkettenprobleme und ambitionierte Vergleichszahlen dem Elektronikhändler weiter zu schaffen machen. Hinzu komme die Unsicherheit über die beabsichtigte Übernahme der Minderheitsanteile des Grossaktionärs Convergenta.

Auffällig waren darüber hinaus die Aktien des Dax-Konzerns Vonovia , die im Zuge einer Kapitalerhöhung für die Übernahme des Wettbewerbers Deutsche Wohnen ex Bezugsrecht gehandelt werden. Die Vonovia-Bezugsrechte notierten zuletzt zu 3,39 Euro und die Aktie zu 49,72 Euro - in Summe also gut 53 Euro. Am Vortag waren die Papiere bei 52,72 Euro aus dem Handel gegangen./tih/mis