FRANKFURT (awp international) - Die Stimmung am deutschen Aktienmarkt bleibt auch am zweiten Handelstag des Jahres gut. Allerdings schrumpfte das Dax-Plus am Dienstag im Tagesverlauf etwas zusammen. Am Nachmittag behauptete der Leitindex noch einen Kursanstieg um 1,05 Prozent auf 14 216,52 Punkte, womit er klar über der 14 000-Punkte-Marke blieb. Die mit Spannung erwarteten Inflationsdaten aus Deutschland bewegten angesichts schon vorab veröffentlichter Daten mehrerer Bundesländer letztlich nur wenig. Für den MDax ging es um 1,96 Prozent auf 25 973,63 Punkte hoch und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 behauptete Gewinne von 0,99 Prozent auf 3894,26 Punkte.

Mit den vorläufigen deutschen Verbraucherpreisen für den Dezember "verdichtet sich die Vermutung, dass der Hochpunkt der Inflation hinter uns liegt, zur Gewissheit", kommentierte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. Die Teuerung sei allerdings immer noch "inakzeptabel hoch" und der Rückgang zumindest teilweise fiskalpolitischen Massnahmen zur Dämpfung des Anstiegs der Energiepreise geschuldet. "Subventionen können indes keine dauerhafte Antwort auf Inflationsdruck sein", mahnte der Experte. Zudem hätten die Preise für Dienstleistungen und für Nahrungsmittel im Vorjahresvergleich weiter deutlich zugelegt, was zeige, dass der Kampf gegen die Inflation ein Marathonlauf bleibe.

Am Morgen war der Einkaufsmanagerindex des chinesischen Wirtschaftsmagazins "Caixin" im Dezember etwas besser ausgefallen als erwartet. Angesichts der massiven Infektionswelle nach dem Ende der Null-Corona-Politik in China zeigte er allerdings gegenüber dem Vormonat einen leichten Rückgang und liegt weiter unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten.

Unter den deutschen Einzelwerten stach am Dienstag Dax-Spitzenreiter Brenntag mit einem Plus von 5,8 Prozent positiv heraus. Dass der Chemikalienhändler nach der öffentlichen Kritik eines Aktionärs auf die Übernahme des US-Konkurrenten Univar Solutions verzichtet, kommt einem Händler zufolge zwar nicht ganz überraschend. Dennoch wertete er die Entscheidung als positiv für die Aktie, welche zudem durch die Investmentbank Oddo BHF hochgestuft wurde.

Einige Immobilien- und Onlinewerte, die 2022 zu den grössten Verlierern gezählt hatten, setzten am zweiten Handelstag des neuen Jahres ihre Erholung fort. Sie profitieren besonders stark von der Hoffnung auf einen nachlassenden Inflationsdruck, dessen Bekämpfung die EZB und andere grosse Notenbanken zu einer deutlichen Anhebung der Leitzinsen gezwungen hat.

Im Dax zählten der Immobilienkonzern Vonovia sowie der Online-Modehändler Zalando mit Gewinnen von 2,7 und 3,5 Prozent zu den besseren Werten. Der Kochboxenlieferant Hellofresh und der Essenslieferdienst Delivery Hero lagen dank Aufschlägen von 8,6 und 6,3 Prozent im MDax vorne, während es für TAG Immobilien um 3,6 Prozent bergauf ging. Der im Nebenwerte-Index SDax gelistete Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 erholte sich um 6,8 Prozent.

Ansonsten stand die Medizin- und Pharmabranche mit Analystenaussagen im Fokus. Die Anteilsscheine des Dialysespezialisten FMC büssten als einer der schwächsten Dax-Werte 0,5 Prozent ein, nachdem das US-Analysehaus Jefferies sie auf "Underperform" abgestuft und das Kursziel von 29 auf 22 Euro gesenkt hatte. Experte James Vane-Tempest befürchtet, dass FMC 2023 beim Gewinn schlechter abschneiden wird als gemeinhin erwartet.

Die Aktien des Pharma- und Agrarchemiekonzerns Bayer sowie des Biotech-Unternehmens Morphosys lagen angesichts von Abstufungen durch die US-Bank JPMorgan mit einem Verlust von 0,3 Prozent beziehungsweise einem Plus von 0,4 Prozent im Dax und im SDax weit hinten. Analyst Richard Vosser sieht in einem Branchenausblick auf das neue Jahr eine Zweiteilung in den Ausblicken, was die kurzfristigen Prognosen und Pipelines betrifft, sowie auch längerfristig bis 2030. Bei Bayer sieht Vosser nur begrenzt Kurstreiber sowie Risiken mit Blick auf die anstehenden Geschäftszahlen. Bei Morphosys verwies er auf wohl beträchtliche Prognosekürzungen für das Medikament Monjuvi sowie die fehlende Pipeline für 2023.

Der Euro verlor nach den Inflationsdaten deutlich und kostete zuletzt 1,0564 US-Dollar. Am Montag hatte die EZB den Referenzkurs auf 1,0683 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,47 Prozent am Vortag auf 2,35 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,86 Prozent auf 125,80 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,58 Prozent auf 135,21 Zähler./gl/jha/

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---