FRANKFURT (awp international) - Der stete Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt wird voraussichtlich zur Wochenmitte durch leichte Gewinnmitnahmen unterbrochen. Sorgen vor einer neuen Eskalation zwischen der Nato und Russland nach einem Raketeneinschlag in Polen hatten zunächst für grössere Aufregung gesorgt, doch die Finanzmärkte reagierten zuletzt dann doch erst einmal gelassen. Es gibt inzwischen Hinweise darauf, dass es sich bei dem Geschoss um eine Flugabwehrrakete aus der Ukraine handelt und nicht aus Russland, wie zuerst befürchtet.

Rund eine Stunde vor dem Börsenstart deutete der X-Dax als Indikator für den Leitindex Dax auf ein kleines Minus von 0,29 Prozent auf 14 337 Zähler hin. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 wurde zuletzt rund 0,4 Prozent tiefer erwartet.

Damit schliessen sich die Börsen in Europa der tags zuvor etwas höher geendeten Wall Street an. An den US-Börsen hatten besser als erwartet ausgefallene Erzeugerpreise weitere Hoffnungen auf einen nachlassenden Inflationsdruck geschürt. Dies näherte erneut auch die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed künftig weniger schwungvoll an der Zinsschraube dreht.

"Das Tal der Tränen scheint erst einmal durchschritten", sagt Analyst Christian Henke vom Broker IG. Der Dax etwa hat seit seinem Jahrestief Ende September inzwischen mehr als ein Fünftel hinzugewonnen und notiert auf dem höchsten Niveau seit Anfang Juni. "Dies schreit förmlich nach einer Korrektur", gab der Experte zu bedenken. Die Anleger schienen sich jedoch vorerst nicht von ihren Dividendenpapieren trennen zu wollen, wenngleich heimische und europäische Aktien bereits überhitzt seien, so Henke.

Auf Unternehmensseite trumpft derweil die auslaufende Berichtssaison noch mit einem Nachzügler im Dax auf: Siemens Energy . Der Energietechnikkonzern war in seinem Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr unter anderem wegen hoher Verluste bei der Windkrafttochter Siemens Gamesa noch tiefer in die Zahlen gerutscht, und die Anleger müssen diesmal auf eine Dividende verzichten. Ein Händler sagte am Morgen jedoch, das Schlussquartal sei insbesondere beim Auftragseingang durchaus gut genug gewesen, um die Aktie nach der jüngsten Rally auch weiter zu stützen. Vorbörslich lagen die Papiere auf der Handelsplattform Tradegate dünn im Plus im Vergleich zum Xetra-Schluss.

Auch die Immobiliengesellschaft Grand City Property öffnete zur Wochenmitte ihre Bücher. Das im Index der kleineren Werte SDax notierte Unternehmen konnte im vergangenen Quartal dank einer hohen Nachfrage und Mietsteigerungen seinen operativen Gewinn weiter steigern. Auch die jüngsten Zukäufe halfen.

Zahlen gab es daneben noch vom Arzneimittelhersteller Dermapharm , der trotz Umsatzplus wegen hoher Abschreibungen in den ersten neun Monaten unter dem Strich weniger verdient hat.

Erst am späten Abend steht der Quartalsbericht des Biotechnologieunternehmens Morphosys an - die Bayern stehen derzeit mannigfach unter Erfolgsdruck. Seit Wochenbeginn hat der Aktienkurs um fast ein Drittel nachgegeben, nachdem ein Studienflop des Schweizer Lizenzpartners Roche mit einem Alzheimer-Mittel für herbe Enttäuschung unter Investoren gesorgt hatte./tav/mis