FRANKFURT (awp international) - Die vorläufige Einigung im Asylstreit hat am Dienstag die Anleger am deutschen Aktienmarkt aufatmen lassen. "Das befürchtete Auseinanderbrechen der Union aus CDU und CSU wurde damit abgewendet", kommentierte Experte Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel. Derweil warnte Analyst Milan Cutkovic vom Broker Axitrader vor zu viel Euphorie. Er verwies auf Sorgen über eine Abschwächung der chinesischen Konjunktur und die fallende Landeswährung sowie die sich abzeichnende, schrittweise Eskalation des Handelskonfliktes zwischen den USA und China.

Dennoch stieg der deutsche Leitindex Dax bis zum Mittag um 1,03 Prozent auf 12 364,19 Punkte. Zu Wochenbeginn hatte er seine anfangs deutlichen Verluste bis zum Handelsende eingedämmt. Für den MDax der mittelgrossen Unternehmen ging es am Dienstag um 0,68 Prozent auf 25 836,48 Punkte hoch und der Technologiewerte-Index TecDax gewann 1,21 Prozent auf 2700,00 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 rückte um 1,08 Prozent auf 3408,62 Punkte vor.

Die Vorsitzenden von CDU und CSU, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU), haben ihren erbitterten Asylstreit beigelegt und ein Auseinanderbrechen der Union vorerst abgewendet. Die Schwesterparteien wollen nun Transitzentren für bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze einrichten. Aus diesen Zentren sollen Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden. Allerdings stehe die Zustimmung des Regierungspartners SPD für diese Vereinbarung ebenso noch aus wie die Österreichs, gab Experte Greg Fuzesi von der US-Bank JPMorgan zu bedenken.

Cutkovic erinnerte zudem daran, dass US-Präsident Donald Trump am Freitag die angekündigten Strafzölle gegen China umsetzen wolle. "Peking wird mit Strafzöllen auf US-Produkte im gleichen Wert antworten", prognostizierte der Experte. "Langsam sind die Konsequenzen des Handelsstreits auch in der realen Wirtschaft spürbar." Chinas Notenbankchef Yi Gang erklärte in einem Interview, man werde dem Kursverfall der Landeswährung Yuan nicht tatenlos zusehen. Diese war in den vergangenen Wochen erheblich unter Druck geraten.

Im Dax waren die Anteilsscheine der Allianz mit plus 2,55 Prozent der Favorit der Anleger. Sie profitierten von der Ankündigung des Versicherungskonzerns, bis Ende September eigene Aktien für bis zu eine Milliarde Euro zurückzukaufen. Den vorigen Aktienrückkauf über zwei Milliarden Euro vom Jahresbeginn hatten die Münchener erst Anfang Mai abgeschlossen. Mit dem neuen Programm erhöhe die Allianz den Wert für die Aktionäre, lobte JPMorgan-Analyst Michael Huttner. Es zeige zudem, dass die Allianz nicht so sehr auf Akquisitionen abziele.

Dahinter verteuerten sich die Commerzbank-Aktien dank Fortschritten beim Konzernumbau um 2,15 Prozent. Die Sparte EMC, in dem das Geldhaus sein Geschäft mit Aktienderivaten und börsengehandelten Fonds (ETFs) bündelt, wird wie erwartet an die französische Grossbank Societe Generale verkauft. Einen Preis nannten die beiden Häuser nicht. Der Markt erwarte für die Commerzbank einen Erlös im dreistelligen Millionenbereich, kommentierte ein Börsianer.

Bei der Merck KGaA stand derweil lediglich ein marktkonformes Kursplus von 1,14 Prozent zu Buche. Der Pharma- und Chemiekonzern will sein schwächelndes Geschäft mit Spezialmaterialien in den kommenden Jahren wieder auf Wachstumskurs bringen. Analyst Peter Spengler von der DZ Bank erklärte, er habe das Strategie-Update der Darmstädter erst im weiteren Jahresverlauf erwartet.

Im SDax der geringer kapitalisierten Unternehmen verteuerten sich Grenke-Papiere um knapp 3 Prozent. Sie profitierten davon, dass der IT-Leasing-Anbieter seine Jahresprognose für das Leasing-Neugeschäft anhob.

Ansonsten bewegten Analystenkommentare. Am MDax-Ende ging es für Fielmann um vier Prozent auf 55,25 Euro bergab, nachdem die Privatbank Berenberg das Kursziel deutlich auf 57 Euro gesenkt hatte. Die Erwartungen spiegelten den anhaltenden Gegenwind für die Optikerkette nicht vollständig wider, schrieb Analyst Graham Renwick. Vor ihm hatten bereits einige andere Häuser mit erheblichen Kurszielkürzungen auf enttäuschende Halbjahreszahlen reagiert.

Beim Beleuchtungsspezialisten Osram monierte Renwicks Kollegin Charlotte Friedrichs die Risiken durch die Abhängigkeit von der Autobranche. Sie strich deshalb ihr Kaufvotum für die Titel, die um 2,65 Prozent nachgaben. Dagegen war der Getränkeabfüllanlagen-Hersteller Krones dank einer neuen Kaufempfehlung des Analysehauses Kepler Cheuvreux mit gut sechs Prozent Plus einer der besten Werte im SDax./gl/jha/

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---