FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Nach der Insolvenz von Thomas Cook werden Forderungen nach stärkeren Sicherungsnetzen laut, um Pauschalurlauber besser vor Kosten durch abgesagte Reisen zu schützen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht brachte die Idee eines neuen Auffangfonds für Insolvenzschäden ins Spiel. Die Justizminister der Länder forderten zugleich die Bundesregierung auf, die geltende Haftungsobergrenze von 110 Millionen Euro für Pleiten von Reiseveranstaltern zu prüfen. Kritik, der Gesetzgeber handle viel zu spät, kam aus Baden-Württemberg.

Man prüfe verschiedene Ideen, etwa eine Kombination aus Versicherung und Fonds, sagte Lambrecht (SPD) der "Bild"-Zeitung. "In einem solchen System würden sowohl Reiseveranstalter als auch Kunden einen geringen Betrag in einen Fonds einzahlen, der im Insolvenzfall in Anspruch genommen werden kann." Ein Fonds könnte Lücken bei Insolvenzschäden schließen, über die Ausgestaltung werde noch gesprochen. Man arbeite daran, "in den nächsten Wochen eine Lösung zu finden". Ein neuer Fonds werde aber Geld kosten, sagte Lambrecht. Es sei mit "geringen Preisaufschlägen" für Reisende zu rechnen.

Anders als Individualtouristen sind Pauschalurlauber versichert, wenn ihr Reiseveranstalter pleite geht und die gebuchten Ferien ausfallen.

Doch im Fall des Branchenriesen Thomas Cook zeigen sich die Grenzen der gesetzlichen Sicherung. Nach der Insolvenz der deutschen Thomas Cook, zu der Neckermann Reisen, Öger Tours und Bucher Reisen gehören, sollen Kunden ab Dezember eine Entschädigung erhalten. Doch fest steht schon jetzt, dass viele Verbraucher auf Kosten sitzenbleiben werden.

So wurde nach jüngsten Angaben des Versicherers Zurich Deutschland schon ein Schaden von 250 Millionen Euro gemeldet, Thomas Cook war aber nur bis zur gesetzlichen Haftungsobergrenze von 110 Millionen Euro versichert. Wie viel Geld Kunden erhalten, ist laut Zurich noch unklar, da die Höhe der Gesamtschadenssumme noch nicht feststeht.

Die Justizminister der Länder forderten am Donnerstag die Bundesregierung auf, eine höhere Haftungsobergrenze bei Insolvenzen zu prüfen. Die Begrenzung auf 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr sei "nicht mehr zeitgemäß", heißt es in einem Beschluss, den die Minister bei ihrer Herbstkonferenz in Berlin verabschiedeten. Nach Abschluss der Prüfung solle die Bundesregierung "alsbald" erforderliche gesetzgeberische Schritte einleiten.

"Eine Insolvenzsicherung, die den Reisenden teilweise auf seinen Kosten sitzen lässt, verfehlt ihren Zweck", erklärte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU), auf dessen Initiative der Vorschlag zurückging. "Wir müssen die 110-Millionen-Grenze korrigieren und an die heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse anpassen. Hier ist der Bund in der Pflicht."

Der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk, kritisierte unterdessen, eine ausreichende Insolvenzabsicherung bei Pauschalreisen sei "mehr als überfällig". Schon 2016 habe das Bundesland bei der Umsetzung der entsprechenden EU-Pauschalreiserichtlinie die Bundesregierung um Prüfung einer genügenden Sicherung gebeten. "Leider müssen erst zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher wegen der Insolvenz eines Reiseveranstalters wirtschaftliche Nachteile hinnehmen, bevor die Bundesjustizministerin jetzt endlich handelt", sagte Hauk.

Lambrecht verteidigte in der "Bild" die geltende Haftungsgrenze. Als die EU-Richtlinie umgesetzt worden sei, habe man nicht absehen können, "dass es tatsächlich zu einem Schadensfall dieser Dimension kommen wird", sagte sie mit Blick auf Thomas Cook./als/kr/DP/zb