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FRANKFURT/ZÜRICH (dpa-AFX Broker) - Ein weiterer Rückschlag bei der Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland hat am Donnerstag einmal mehr die Anleger der Online-Apotheken Shop Apotheke und Zur Rose geschockt. In Westfalen-Lippe, Pilotregion zur Einführung des Hoffnungsträgers E-Rezept, hatte die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) das Vorhaben auf Eis gelegt. Begründet wurde dies mit der Haltung des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber (SPD), der im September sein Veto gegen den Plan zur Nutzung von Versichertenkarten eingelegt hatte.

Die Papiere des Schweizer Unternehmens Zur Rose sackten in Zürich bis zum späten Vormittag um fast 17 Prozent ab, nachdem sie zwischenzeitlich auf ein Rekordtief eingebrochen waren. Die Anteilsscheine der Shop Apotheke waren im Handelsverlauf auf das Niveau von 2019 zurückgefallen und büßten zuletzt knapp 14 Prozent ein. Damit waren sie der mit Abstand schwächste Wert im Nebenwerteindex SDax. Dieser gab um mehr als ein Prozent nach.

Die Nachrichten zum E-Rezept kämen zwar etwas überraschend, schrieb der Experte Alexander Thiel vom Analysehaus Jefferies. Allerdings seien beim Stand der Aktien beider Unternehmen ohnehin keinerlei Aussichten auf künftige Umsätze durch das E-Rezept eingepreist.

Gleichwohl erhöht der Schritt der Kassenärztlichen Vereinigung Thiel zufolge den Druck auf den deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), eine gemeinsame Lösung mit den Ärzten zu finden und möglicherweise die Datenschutzbeauftragten zu überstimmen. Bis dato aber blieben die Online-Apotheken mit dem E-Rezept weiter in der Sackgasse.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte im Falle von Westfalen-Lippe befürchtet, dass es in der geplanten Form Datenmissbrauch in Apotheken geben könnte. Notwendige technische Nachrüstungen mit Updates für Konnektoren - also Routern - und die Apotheken-Software dauern wohl bis Mitte 2023. So lange wollte die KVWL nicht warten und zog nun die Reißleine.

Indes gibt sich die für die Einführung des E-Rezepts zuständige Gesellschaft Gematik kämpferisch. Man bedauere die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung, die Einführung des E-Rezepts vorläufig nicht weiter zu forcieren. Das E-Rezept werde aber deutschlandweit weiterhin genutzt und das Ziel einer flächendeckenden Einführung des E-Rezepts 2023 bleibe bestehen.

Bei der schleppenden Einführung kommt erschwerend hinzu, dass die Skepsis in der Ärzteschaft groß ist: Gerade mal rund 525 000 Rezepte wurden im laufenden Jahr digital verschrieben. Zum Vergleich: Pro Jahr werden in Deutschland rund 500 Millionen Verschreibungen ausgestellt - der Anteil der Digitalverschreibung ist also verschwindend gering.

Bisher kann man das E-Rezept nur über sein Handy beziehungsweise über einen Ausdruck abrufen. Für eine App braucht man eine PIN von seiner Krankenkasse - die bekommt man nur nach einer persönlichen Verifizierung vor Ort bei seiner Kasse oder in der Post. Offenbar ist vielen das Prozedere zu mühsam, Anträge für die PIN gab es nur wenige.

Die Hoffnung auf eine flächendeckende Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland ab 2022 hatte die Kurse beider Online-Apotheken in schwindelerregende Höhen getrieben. Sowohl die Anteilsscheine der Shop Apotheke als auch die von Zur Rose erreichten im Februar 2021 Bestmarken.

Nachdem die Einführung aber immer wieder ins Stocken gekommen war, befinden sich die Aktien der Unternehmen auf Talfahrt. So sind die Anteilsscheine von Zur Rose seit Anfang des Jahres inzwischen um rund 90 Prozent abgestürzt. Die Papiere der Shop Apotheke haben in diesem Zeitraum gut 66 Prozent verloren./la/bek/jha/

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