Zuvor hatte der größte Kreditgeber, die HSH Nordbank, die Zustimmung zum Sanierungskonzept verweigert und den Geldhahn zugedreht. Der Vorstand will das Unternehmen nun in Eigenverwaltung sanieren und den Geschäfts- und Schiffsbetrieb mit einem vom Gericht zu bestellenden Aufpasser an der Seite aufrechterhalten. Mehr als 2000 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Das Schifffahrtsunternehmen, dessen Wurzeln auf das Jahr 1834 zurückgehen, verbuchte zuletzt einen Verlust von 341 Millionen Euro und wies Schulden in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro aus.

Rickmers, der zuletzt 114 Schiffe betrieb, ist die zweite große Pleite seit dem Aus der südkoreanischen Containerrederei Hanjin im vergangenen Herbst. "Da fällt jetzt wieder ein Dominostein um", sagte Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst der NordLB. Die Schifffahrt steckt im neunten Jahr in der Krise. Ihr machen Überkapazitäten und sinkende Frachtpreise zu schaffen. Rickmers vermietet als Charterreederei Schiffe an große Containerlinien wie den Weltmarktführer Maersk aus Dänemark, CMA CMG aus Frankreich, MSC mit Sitz in der Schweiz und Yang Ming aus Taiwan. Diese setzen immer größere Containerschiffe ein und schließen sich zu Allianz zusammen, um die Kosten zu senken. Kleinere Reedereien wie Rickmers haben das Nachsehen. Ihre oft kleineren Schiffe sind weniger gefragt. "Wir sehen den Chartermarkt stärker unter Druck", sagt Wybierek. Er hält es für möglich, dass weiteren Reedereien die Luft ausgeht.

Rickmers hatte das drohende Aus mit einem Sanierungsplan abwenden wollen. Zur Rettung des Unternehmens war der bisherige Alleineigner Bertram Rickmers bereit, die Mehrheit an die Anleihegläubiger und Banken abzugeben und selbst weniger als 25 Prozent zu halten. Zudem wollte er 20 Millionen Euro aus der eigenen Tasche zuschießen und weitere Millionen für den Notfall bereithalten.

EIN FATALER IRRTUM

Für die Reederei kam die Ablehnung durch die HSH Nordbank wie aus heiterem Himmel. Die Bank habe ihre Entscheidung "sehr überraschend und ohne weitere Verhandlungsbereitschaft" mitgeteilt. Dabei hatte die HSH immer wieder betont, dass der Sanierungsplan unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die eigenen Gremien stehe. "Der HSH-Vorstand hat das Rickmers-Sanierungskonzept sorgfältig geprüft und erachtet dieses als betriebswirtschaftlich nicht tragfähig", sagte ein Banksprecher.

Die kriselnde HSH kämpft als einst weltgrößter Schiffsfinanzierer selbst mit den Folgen der Branchenkrise. Auf die Frage, ob die Bank wegen der Rickmers-Pleite ihre Risikovorsorge erhöhen müsse, sagte der Sprecher, die HSH sei auf die Situation gut vorbereitet. Er verwies darauf, dass das Institut die Vorsorge für notleidende Kredite in der Schifffahrtsbranche allein 2016 um rund zwei Milliarden Euro aufgestockt habe.

Eigentlich sollten an diesem Donnerstag die Gläubiger einer 275 Millionen Euro schweren Anleihe auf einer Versammlung über den Sanierungsplan abstimmen, der von ihnen einen weitgehenden Verzicht auf ihre Forderungen vorsah. Die Abstimmung wurde durch den Insolvenzantrag überflüssig. Die Anleihegläubiger sollten bei ihrem Treffen daher nur noch einen gemeinsamen Vertreter wählen, der ihre Interessen im Gläubigerausschuss vertritt. Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung bekommt das Unternehmen vom Gericht einen Sachwalter an die Seite gestellt, der den Vorstand überwacht. Rickmers gibt dies die Möglichkeit, einen neuen Sanierungsplan aufzulegen und zu versuchen, die Gläubiger davon zu überzeugen. Vertreter von Anleihegläubigern kritisierten den Plan jedoch. Sie befürchten, bei einer Eigenverwaltung nicht genug Einblick in die Geschäfte von Rickmers zu erhalten. "Das ist ein großer Zuschütthaufen", sagte Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK).

Rickmers war vor einigen Jahren stark gewachsen und hatte vorübergehend auch einen Börsengang erwogen, bevor die Branchenkrise seine Pläne durchkreuzte. 2016 scheiterte der geplante Zusammenschluss mit der E.R. Capital Holding von Bertrams Bruder Erck Rickmers. Gemeinsam wäre eine der größten Reedereien Europas entstanden.