BERLIN (dpa-AFX) - Bei der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals hat der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach einen Ausschluss der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY von Regierungsaufträgen ins Spiel gebracht. Michelbach begründet dies mit der Weigerung der Wirtschaftsprüfer, vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Wirecard-Pleite auszusagen. "Es ist jedenfalls klar, dass eine Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft, die einen solchen Blockadekurs unterstützt, kein Geschäftspartner mehr für die Bundesregierung sein kann", sagte Michelbach der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Der CSU-Politiker ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses.

EY gehört zu den großen Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weltweit. Zu den Kunden gehört auch die Bundesregierung. EY testierte jahrelang den Jahresabschluss des Skandalkonzerns Wirecard, kam aber dem Betrug um fehlende Milliarden nicht auf die Schliche. Am Donnerstag sollen drei Wirtschaftsprüfer des Unternehmens Fragen der Abgeordneten im Untersuchungsausschuss des Bundestages beantworten. Sie wollen aber die Aussage verweigern und berufen sich auf ihre Verschwiegenheitspflicht. Dass der Insolvenzverwalter sie davon entbunden habe, ändere nichts, erklärten Anwälte in einem Schreiben.

Michelbach will das Argument nicht gelten lassen. "Hier soll unter fadenscheinigen Vorwänden eine Aufklärung des Wirecard-Skandals blockiert werden", sagte er.

EY erklärte am Montag, die Aufklärung der Vorgänge bei Wirecard habe für das Unternehmen oberste Priorität. EY habe die "klare Absicht", gegenüber dem Untersuchungsausschuss zur politischen Aufklärung des Falles beizutragen. "Dies geht bislang aber nur in den Grenzen der gesetzlichen und berufsrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen, denen wir als deutsche Wirtschaftsprüfer unterliegen und die es uns derzeit noch nicht erlauben, konkret über Wirecard und insbesondere über unsere Prüfungshandlungen Auskunft zu geben." Jede Verletzung der Verschwiegenheitspflicht habe strafrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen.

Auch die Mitarbeiter von EY, die als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss geladen seien, unterlägen derzeit noch dieser gesetzlichen und berufsrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtung. Der Untersuchungsausschuss sei gebeten, eine rechtssichere Klärung der Sachlage zu unterstützen und damit eine wirksame Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht herbeizuführen. Auf der Basis einer solchen angestrebten rechtssicheren Entbindung würden im Untersuchungsausschuss umfassende Aussagen möglich.

Die SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe kritisierte: "EY will scheinbar nicht zur Aufklärung des Wirecard Skandals beitragen." Von einer ordentliche Abschlussprüfung könne derzeit nicht ausgegangen werden. Zuvor hatten auch Vertreter von FDP, Grünen und Linken die Wirtschaftsprüfer kritisiert./sl/DP/fba