(Neu: Schlusskurs, Bericht über Braun-Vertragsverlängerung)

FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Nach der erneuten Verschiebung der Konzernbilanz brauchen Anleger bei Wirecard weiter starke Nerven. Während die Erholungsrally im Dax am Dienstag mit einem Anstieg des Leitindex um ein Prozent andauerte, gehörten die Papiere des Zahlungsabwicklers zu den Verlierern. Nach Anfangsverlusten von gut sechs Prozent spielte sich das Minus lange Zeit zwischen einem und zwei Prozent ab. Erst in der Schlussauktion gelang ihnen ein Sprung auf ein Tageshoch nahe der 87-Euro-Marke. Letztlich gaben sie so nur noch leicht um rund 0,3 Prozent nach.

Das von Zweifeln an den Geschäftspraktiken und dem Vorwurf der Bilanzmanipulation geplagte Unternehmen hat die bisher am 4. Juni vorgesehene Vorlage testierter Zahlen für 2019 erneut verschoben. Sie sollen nun erst am 18. Juni veröffentlicht werden, weil der reguläre Wirtschaftsprüfer Ernst & Young nicht alle Prüfungshandlungen abschließen konnte. Wirecard erwartet aber weiter ein uneingeschränktes Testat und keine wesentlichen Abweichungen zu den bereits veröffentlichten vorläufigen Zahlen.

Händlern zufolge ist es die logische Folge, dass am Markt daraufhin wieder Unregelmäßigkeiten befürchtet werden. Große Abschläge wie in der Vergangenheit konnten die Wirecard-Papiere aber dieses Mal verhindern. Ein Medienbericht, wonach die Vertragsverlängerung von Konzernchef Markus Braun auf der Kippe steht, konnte das Bild am Nachmittag in ersten Reaktionen nicht weiter prägen.

Für die Anleger ist die Verschiebung eine weitere Nervenprobe, nachdem die Ergebnisse einer Sonderprüfung der Bücher für die Jahre 2016 bis 2018 durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG im April bereits schwer enttäuscht hatten. Die Zwischenerholung der Aktien bis auf 140 Euro wurde mit einem erneuten Rückfall ausradiert. 72 Euro bedeuteten zuletzt ein Tief seit September 2017, die bis dahin unterstützende 80-Euro-Marke wurde aber schon am Folgetag wieder zurückerobert.

Die für einen Dax-Wert vergleichsweise hohen Kurs-Schwankungen, denen die Aktien nun schon seit fast zwei Jahren unterliegen, sind Ausdruck der Nervosität. "Wirecard bleibt günstig, wenn die Finanzkennziffern vollständig und angemessen sind", schrieb Analyst Stephane Houri von Oddo BHF. Sollten sich aber Unregelmäßigkeiten ergeben, hält er die Titel noch für zu teuer. Es sei daher zu früh, um sich eindeutig positionieren zu können.

Experte Knut Woller von der Baader Bank geht derweil etwas optimistischer heran, er hält die Aktien auf ihrem derzeitigen Niveau für erheblich unterbewertet. "Selbst im schlimmsten Fall leiten wir basierend auf unseren Schätzungen für 2020 einen fairen Wert von 120 Euro je Aktie ab", betonte der Experte. Er glaubt an positive Prüfungsergebnisse, die gemeinsam mit jüngst beschlossenen Umbesetzungen im Vorstand wieder mehr Vertrauen in die Aktie bringen sollten.

Bestandteil dieser vor gut zwei Wochen bekannt gegebenen Umstrukturierungen ist die Tatsache, dass ein Teil der Aufgaben von Konzernchef Markus Braun umverteilt wird. Laut dem "Manager Magazin" kommt dieser weiter in Bedrängnis. Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann stelle mehrere Bedingungen für die Verlängerung des Mandats, das im Dezember endet, hieß es in dem Bericht vom Dienstag, demzufolge Eichelmann schon nach einem möglichen Nachfolger Ausschau halten soll./tih/ag/jha/

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