"Auch forensische Methoden führen am Ende des Tages nicht zu einer lückenlosen Aufklärung aller Sachverhalte", sagte Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), am Donnerstag. Er warnte davor, als Konsequenz aus dem Skandal um den Zahlungsabwickler alle deutschen Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen, so dass die Abschlussprüfer ohne konkreten Verdacht alle Angaben mit kriminalistischen Methoden nachprüften. "Das ist ein Weg, den wir nicht für sachgerecht halten. Prüfungen würden damit um ein Vielfaches teurer und viel länger dauern."

Trotzdem müssten die Wirtschaftsprüfer "nachsteuern" und bei unklaren oder zweifelhaften Sachverhalten stärker nachbohren, sagte Naumann. Digitale Analysetechniken machten das einfacher, Betrug könne dadurch aber auch nicht ausgeschlossen werden. Die Prüfungsgesellschaft EY war in die Kritik geraten, als Wirecard einräumen musste, dass rund 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz fehlten. In den Jahren davor hatten die Prüfer die Abschlüsse aber stets testiert, obwohl vor allem das Asien-Geschäft von Wirecard in Medienberichten schon länger angezweifelt worden war. EY sieht sich als Opfer eines großangelegten Betrugs.

Naumann sagte, er wolle EY nicht verteidigen, aber auch nicht vorverurteilen. Die Prüfer könnten vom Unternehmen selbst zwar umfassend Auskunft verlangen, nicht aber von Dritten, etwa von Banken. Auch eine weitreichendere Haftung der Bilanzprüfer für ihre Arbeit lehnt der IDW-Chef ab: "Ich glaube nicht, dass mehr Haftung zusätzliche Motivation bringt, ordentlich zu arbeiten." Bei Aktiengesellschaften stehen die Wirtschaftsprüfer mit bis zu vier Millionen Euro ein. Ohne eine Begrenzung drohten gerade angeschlagene Unternehmen keinen Prüfer mehr zu finden, warnte Naumann.

Das IDW hatte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket vorgestellt, um Lehren aus dem Fall Wirecard zu ziehen. So sollten Vorstände zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems verpflichtet werde, das sicherstellt, dass sich das Unternehmen an die Regeln hält. Das könne dann auch Teil der Abschlussprüfung sein. Zudem müssten Aufsichtsräte zwingend Prüfungsausschüsse einrichten - bei Wirecard war das erst vor einem Jahr geschehen. Verbessern müsse sich auch die Zusammenarbeit zwischen der Finanzaufsicht BaFin und der Wirtschaftsprüfer-Aufsichtsbehörde APAS, forderte Naumann. Dort scheine es am Informationsaustausch zu mangeln.