Berlin (Reuters) - Eine ehemalige Aufsichtsrätin von Wirecard hat schwere Vorwürfe gegen das Management des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers erhoben.

"Ich erachte den Weg, auf dem sich das Unternehmen befindet, als riskant", schrieb die Unternehmensberaterin Tina Kleingarn Ende September 2017 an den damaligen Aufsichtsratschef Wulf Matthias zur Begründung ihrer Mandatsniederlegung. Der Brief lag Reuters am Donnerstag vor. Der Vorstand handele "zu autonom" und betrachte die Kontrolle des Unternehmens als eine Last. "Früher oder später werden sich diese Mängel rächen und eingegangene Risiken sich womöglich materialisieren."

Kleingarn saß von Juni 2016 bis Dezember 2017 im Kontrollgremium von Wirecard. Sie habe den Vorstand mehrfach aufgefordert, die Managementkapazitäten des Konzerns zu vergrößern und die Kontrollstrukturen zu professionalisieren. Auch Analysten hatten Wirecard immer wieder vorgeworfen, für ein Dax-Unternehmen zu wenige Vorstände und Aufsichtsräte zu haben. Der ehemalige Vorstandschef Markus Braun, der seit der Pleite des Unternehmens im Sommer in Untersuchungshaft sitzt, habe wie ein "alleiniger Eigentümer" gehandelt, kritisierte Kleingarn in dem Brief. So sei auch etwa seine eigene Vertragsverlängerung innerhalb von 24 Stunden mit "nicht haltbaren Begründungen" quasi am Aufsichtsrat vorbei herbeigeführt worden.

Die Partnerin der Unternehmensberatung Westend Corporate Finance, die vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen sollte, kritisierte auch, dass Entscheidungsvorlagen für operative Geschäfte sehr spät vorlegt worden seien. Der Vorstand habe kein ausreichendes Verständnis für eine Kontrolle des Unternehmens und der Aufsichtsrat trete dem Verhalten nicht entschieden genug entgegen.