BERLIN (Dow Jones)--Das Oberlandesgericht München (OLG) geht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft in der bayerischen Landeshauptstadt innerhalb der nächsten drei Monate Anklage gegen den Ex-Wirecard-Chef Markus Braun erheben wird. Braun sitzt seit rund anderthalbjahren in Untersuchungshaft. Nach Prüfung der aktuellen Aktenlage beim Haftprüfungstermin am 13. Dezember habe der Senat des OLG den Verfahrenbeteiligten den Hinweis gegeben, dass eine Anklageerhebung bis zum nächsten Haftprüfungstermin im März möglich sei, sofern es keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten oder Ereignisse gebe, sagte Gerichtssprecher Richter Florian Gliwitzky auf Nachfrage zu Dow Jones Newswires. Dabei handele es sich nicht um eine Fristsetzung, sondern um eine Erwartungshaltung, betonte er.

Bei einer Untersuchungshaft handele es sich um ein Mittel zur Sicherung eines Verfahrens, dessen Verhältnismäßigkeit regelmäßig geprüft werden müsse.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte zuerst darüber berichtet, dass der zweite Strafsenat des OLG von einer Anklageerhebung "bis Ende Februar, spätestens bis zum nächsten Termin zur Haftprüfung in drei Monaten" ausgeht. Das Gericht habe Brauns Antrag auf Haftaussetzung wegen Verdunkelungsgefahr und "mangels Vertrauensgrundlage" abgelehnt, schreibt der Spiegel.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Braun, seinen flüchtigen Co-Vorstand Jan Marsalek und mehr als 20 weitere Beschuldigte. Sie sollen Bilanzen gefälscht, Milliarden Euro veruntreut, die Märkte manipuliert und Geld gewaschen haben. Bis auf einen Kronzeugen bestreiten alle die Vorwürfe.

Brauns Anwalt Alfred Dierlamm erklärte gegenüber dem Spiegel, "für das Vertrauen in die Justiz wäre es schlimm, wenn das Verfahren vor die Wand gefahren würde". Die Staatsanwaltschaft müsse "endlich entschlossen nachspüren", wo die verschwundenen Wirecard-Milliarden steckten. Auch Braun als Wirecards ehemaliger Hauptaktionär sei geschädigt von "der hinter seinem Rücken aufgebauten Schattenstruktur, von der er nichts wusste und von der er auch nicht profitiert hat", so Dierlamm.

Dierlamm war am Donnerstag kurzfristig nicht für eine Stellungnahme zu dem Artikel zu erreichen.

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December 23, 2021 07:26 ET (12:26 GMT)