MÜNCHEN (awp international) - Im grössten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte wird der Strafprozess gegen den früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun in Kürze beginnen. Das teilte das Oberlandesgericht München am Mittwoch mit. Das Landgericht München I hat demnach die Anklage der Münchner Staatsanwaltschaft gegen Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager unverändert zugelassen. Der Hauptvorwurf gegen die Geschäftsleute ist gewerbsmässiger Bandenbetrug. Braun sitzt seit 22. Juli 2020 in Untersuchungshaft.

Einzelheiten nannte das OLG nicht. So war zunächst offen, an welchem Tag der Prozess beginnen soll, wie viele Zeugen geladen werden und wie viele Verhandlungstage die 4. Strafkammer des Landgerichts ansetzen will. Die mögliche Höchststrafe für besonders schwere Fälle von Betrug sind zehn Jahre Haft. Eine Verurteilung setzt voraus, dass der Angeklagte mit voller Absicht handelte - einen Straftatbestand des fahrlässigen Betrugs gibt nicht.

Laut Anklage sollen Braun und Komplizen seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um insgesamt 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben - davon 1,7 Milliarden Euro an Krediten und weitere 1,4 Milliarden an Schuldverschreibungen. Im Juni 2020 brach der einstige Dax -Konzern zusammen, nachdem bei der Prüfung des Jahresabschlusses Scheinbuchungen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro ans Licht gekommen waren, das Geld wird bis heute vermisst.

Der aus Österreich stammende Ex-Vorstandschef hatte die Vorwürfe der Anklage über seine Anwälte zurückgewiesen. Braun sieht sich selbst als Opfer krimineller Machenschaften. Über die Zulassung der Anklage berichtete zuerst das "Handelsblatt".

Der einstige Milliardär Braun ist durch den Kollaps seines Unternehmens selbst ruiniert worden, da er nahezu sein gesamtes Vermögen in Wirecard-Aktien angelegt hatte. Geschädigt wurden nicht nur Banken und Investoren, sondern auch zehntausende Aktionäre. Wirecard war nach dem Aufstieg in den Dax an der Börse 2018 zeitweilig über 20 Milliarden Euro wert, dieses Geld ist zerronnen.

Der mutmassliche Betrugsschaden von über drei Milliarden Euro übersteigt in absoluten Zahlen und nicht inflationsbereinigt alle seit 1945 in Deutschland bekannt gewordenen Fälle. Bisheriger "Rekordhalter" war das badische Unternehmen Flowtex, das mit dem Verkauf nicht existenter Bohrmaschinen in den 1990er Jahren einen Betrugsschaden von zwei Milliarden Euro anrichtete. Im VW -Skandal waren die Folgekosten für den Wolfsburger Konzern mit an die 30 Milliarden Euro zwar noch ungleich höher, aber dabei ging es nicht um Finanzschwindel./cho/DP/nas