Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Marvels neuester Superheld hat es nicht geschafft, die Kinos aus ihrer post-pandemischen Malaise zu retten. Wie viel der Film der Muttergesellschaft Disney einbrachte, ist ebenfalls fraglich.

"Black Widow", der neueste Ableger des Blockbuster-Comic, kam Anfang Juli in die US-Kinos und erlebte bereits an seinem zweiten Wochenende in den Kinos einen starken Einbruch. Das Einspielergebnis des Films an den heimischen Kinokassen stürzte um 67 Prozent im Vergleich zum Eröffnungswochenende ein, an dem er etwas mehr als 80 Millionen US-Dollar einbrachte. Signifikante Einbrüche am zweiten Wochenende sind zwar durchaus üblich, selbst bei großen Blockbustern. Aber dieser Rückgang war der schlimmste aller Marvel-Filme, seit Disney nach der Übernahme der Comic-Serie im Jahr 2009 mit dem Vertrieb der Filme begann, so Daten von Box Office Mojo. Die vergangenen zehn Marvel-Filme hatten im Durchschnitt einen Rückgang von 55 Prozent an ihrem zweiten Wochenende.

Die Resonanz auf den Film war aber vor allem eine schlechte Nachricht für die Kinoketten. Aktien von AMC Entertainment, Cinemark und dem britischen Unternehmen Cineworld sind seit der Veröffentlichung des Films im Durchschnitt um 19 Prozent in den Keller gerauscht. Disney selbst konnte "Black Widow" sogar als Erfolg werten, da das Unternehmen den Film auch auf seinem Streaming-Dienst Disney+ für einen Aufpreis von 30 Dollar veröffentlichte. Laut Firmenangaben spielte der Film auf diese Weise mehr als 60 Millionen Dollar digitale Verkäufe ein, was eine Zuschauerzahl von mindestens zwei Millionen Haushalten am Eröffnungswochenende widerspiegelt.

Die digitale Performance von "Black Widow" hat der Aktie geholfen, die Sorgen darüber zu kompensieren, was die neue Welle von Covid-19-Fällen für das sich erholende Vergnügungsparkgeschäft des Unternehmens bedeuten könnte. Aber der Film wird Disneys Streaming-Abonnentenzahlen für das Juni-Quartal nicht helfen, wenn das Unternehmen Mitte August seine Ergebnisse vorlegt. Und auch für spätere Zeiträume wird er wohl nicht viel bringen, da die meisten Marvel-Fans angesichts der drei hochkarätigen Serien, die Anfang des Jahres auf Disney+ gestartet sind, wahrscheinlich schon angemeldet sind.

Als digitales Premium-Angebot dürfte "Black Widow" auch ein schwer zu wiederholendes Ereignis sein. Es ist zwar der vierte Film, den Disney im Rahmen seines sogenannten Premier-Access-Programms veröffentlicht hat, aber es ist der erste, über den das Unternehmen finanzielle Angaben macht. Der einzige Film, der noch auf dem Plan des Unternehmens für eine Doppelveröffentlichung steht, ist "The Jungle Cruise", der Ende dieses Monats erscheinen soll. Aber das ist ein neuer Film, der auf bekannten Disney-Themen basiert. "Black Widow" dagegen hat seinen Ursprung auf einer bekannten Figur aus der erfolgreichsten Film-Franchise aller Zeiten. Die acht bisherigen Marvel-Filme, in denen "Black Widow" mitspielte, haben laut der Website The Numbers ein weltweites Einspielergebnis von fast 11,4 Milliarden Dollar erzielt.

Disney hat seinen Ansatz der Doppelveröffentlichung als ein Experiment beschrieben. Dieser Schritt wurde notwendig durch die Auswirkungen der Pandemie auf die Kinos. CEO Bob Chapek sagte auf einer JP-Morgan-Investorenkonferenz im Mai, dass der Ansatz des Unternehmens, die Veröffentlichung von "Black Widow" so oft zu verzögern von der Überzeugung getrieben wurde, dass sich der Kinomarkt später immer noch nicht vollständig erholt haben würde. Er merkte an, dass das Unternehmen immer noch zu Kinoveröffentlichungen für große Blockbuster wie "Marvel" und "Star Wars" tendiert und fügte hinzu: "Das ist die Art und Weise, wie diese Fans den Film am liebsten genießen."

Nach Ansicht von Doug Creutz von Cowen muss Disney eine sorgfältige Balance finden, da das Unternehmen immer noch einen gesunden Kinomarkt braucht. "Wenn der Kinomarkt signifikant schrumpft, würde Disneys gesamtes Einspielergebnis wahrscheinlich einen größeren Schaden nehmen, der möglicherweise nicht durch Premium-Angebote gedeckt werden kann", schrieb er zuletzt in einer Studie. Selbst Disney kann nicht immer beides haben.

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July 23, 2021 10:39 ET (14:39 GMT)