MÜNCHEN (dpa-AFX) - Eine starke Nachfrage aus der Solarindustrie sowie ein brummendes Chemiegeschäft stimmen Wacker Chemie für das laufende Jahr nochmals optimistischer. Ganz überraschend kommt der Schritt angesichts hoher Preise für den Solaranlagengrundstoff Polysilizium und der Erholung der Weltwirtschaft aber nicht. Eine potenziell schlechte Nachricht gab es derweil mit Blick auf die vereinbarte Produktion für das Biopharmaunternehmen Curevac, dessen Corona-Impfstoffkandidat weniger wirkt als erhofft. Die Nachricht vom Rückschlag des Tübinger Unternehmens belastete am Donnerstag auch die Aktien von Wacker Chemie.

Die Papiere fielen als einer der größten Verlierer im Index der mittelgroßen Werte MDax deutlich. Am Vormittag ging es um knapp fünf Prozent auf 130,30 Euro nach unten. Damit verpuffte die höhere Jahresprognose des Managements, allerdings hatten die Aktien erst vor wenigen Tagen bei gut 143 Euro ein Mehrjahreshoch markiert. Wegen der jüngsten Kursverluste steht nun für 2021 noch ein Plus von rund zwölf Prozent auf den Kurszettel.

Das Wacker-Management um den seit Mai amtierenden Konzernchef Christian Hartel traut sich 2021 nun eine Umsatzsteigerung um gut 17 Prozent auf rund 5,5 Milliarden Euro zu, nach einem bislang angepeilten Plus im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll im laufenden Jahr um bis zu rund 65 Prozent auf 0,9 bis 1,1 Milliarden Euro klettern. Zuvor war ein Anstieg um bestenfalls ein Viertel avisiert worden nach 666 Millionen Euro im Corona-Jahr 2020.

Während die neue Gewinnprognose für das Gesamtjahr im Rahmen der Markterwartungen liege, ist sie laut dem Analysten Markus Mayer von der Baader Bank mit Blick auf das zweite Quartal deutlich darüber ausgefallen. So rechnet der Konzern im laufenden Jahresviertel mit einem Umsatz von etwa 1,5 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnis zwischen 300 und 350 Millionen Euro. Das wäre im günstigsten Fall mehr als dreimal so viel Gewinn wie im coronabelasteten Vorjahreszeitraum.

Angesichts der Äußerungen zum zweiten Quartal, und weil Wacker Chemie beim Jahresausblick für gewöhnlich vorsichtig sei, dürfte nunmehr das obere Ende der Jahreszielspanne realistisch sein, erklärt Baader-Analyst Mayer. Sollte das positive Preisumfeld für Polysilizium bis zum Jahresende andauern, könnte es für den Gewinn sogar noch deutlich Luft nach oben geben.

Bereits zum Jahresstart hatte das Geschäft mit Polysilizium für Solar- und Halbleiteranwendungen gebrummt. Die Nachfrage ist hoch, die Produzenten kommen kaum hinterher, die Preise steigen. Zudem profitiert der Münchener Konzern vom Bauboom mit seinen Polymeren, die in Klebstoffen, Bodenbelegen, Farben, aber auch in Beton beigemengt werden und die Eigenschaften der Materialien verändern. Und die Silikone des Konzerns - vielseitig einsetzbare Kunststoffe - sind etwa in der Auto- und Elektronikindustrie gefragt sowie bei Textilherstellern und Medizintechnikunternehmen.

Die guten Geschäfte helfen auch, den Druck durch die zuletzt stark gestiegenen Rohstoffpreise mehr als auszugleichen. So rechnet das Management im Gesamtjahr nun mit Belastungen durch die verteuerten Rohstoffe sowie durch negative Währungseffekte von mehr als 300 Millionen Euro - und damit mit 100 Millionen Euro mehr als bislang.

Offen ist indes erst einmal, wie es mit der Zusammenarbeit mit dem Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac weitergehen wird. So hat Wacker Chemie in den Niederlanden als Auftragsfertiger eine Produktion für den Corona-Impfstoffkandidaten von Curevac aufgebaut. Die Tübinger räumten nun aber ein, dass das Präparat CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Corona-Erkrankung "jeglichen Schweregrades" erzielt habe. Damit habe der Impfstoff die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erfüllt. Zu den möglichen Folgen für Wacker Chemie konnte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX zunächst keine Angaben machen./mis/tav/eas