Der Ausblick für die deutsche Wirtschaft verbessert sich ein wenig, doch von Leichtigkeit kann in den deutschen Unternehmen keine Rede sein. Der Dienstleistungssektor freut sich wieder über bessere Geschäfte und auch die Industrie ist nicht mehr ganz so besorgt wie im Vormonat. Es scheint vielmehr so, dass sich nach dem Kriegsschock die deutschen Unternehmen erst einmal neu sortieren mussten. Die Lage kann nun mit etwas Abstand besser beurteilt werden. Die Botschaft ist: Es ist nicht ganz so schlimm wie nach Ausbruch des Krieges befürchtet, doch die Situation bleibt angespannt.

Nachholeffekte nach Öffnung des Dienstleistungssektors sind unübersehbar. Restaurants, Hotels, Kinos und Theater sind wieder gut besucht, was zunächst auch die gesamte Wirtschaft stützen wird. Ob der Dienstleistungssektor inzwischen die schleppende Entwicklung in der Industrie auffangen kann, bleibt fraglich. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten könnten die Nachholeffekte kurzlebig machen. Höhere Preise für Benzin und Lebensmittel belasten das Haushaltsbudget. Es muss an anderer Stelle gespart werden. Der Restaurantbesuch könnte zum Opfer der höheren Preis im Supermarkt werden. Die Inflation wird dadurch zu einer Wachstumsbremse.

Der Krieg in der Ukraine und die Lockdowns in China stören die internationalen Lieferketten weiterhin gravierend. Jetzt muss sogar befürchtet werden, dass für Peking ein Lockdown droht. Die Industrieproduktion gerät erneut heftig ins Stocken. Die deutsche Industrie dürfte trotz voller Auftragsbücher eine Belastung für das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal werden. Der Mix aus hoher Inflation und gleichzeitig unterbrochenen Lieferketten belastet. Die Unternehmen schätzen ihre Situation mit etwas Abstand zum Kriegsgeschehen nüchterner ein, doch die Ampeln springen bei weitem nicht auf Grün. Die deutsche Wirtschaft steht vor einer paradoxen Situation: Die Auftragsbücher in der Industrie sind voll, was für sich genommen für einen regelrechten Boom spräche. Da es an Materialien fehlt, wird das deutsche Wachstum zum Ritt auf der Rasierklinge.

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