Düsseldorf (Reuters) - Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia will in der Krise der Branche das Geld zusammenhalten und weitere Wohnungen verkaufen.

Damit will der Dax-Konzern eine von Aktionären befürchtete Kapitalerhöhung vermeiden. "Wir (haben) gezeigt, dass wir über genügend Spielraum verfügen, um eine Not-Kapitalerhöhung vermeiden zu können", sagte Finanzchef Philip Grosse auf der virtuellen Hauptversammlung des Immobilien-Riesen am Mittwoch. Investoren fürchten indes, dass Vonovia in eine Abwärtsspirale geraten könnte. Hohe Zinsen und Abwertungen der Immobilien könnten dafür sorgen, dass die milliardenschwere Verschuldung der Bochumer weiter steige, warnte Arne Rautenberg von der Fondsgesellschaft Union Investment, einer der großen Vonovia-Anteilseigner. "Im derzeitigen Zustand wirkt Vonovia nicht wie Europas größter Wohnungskonzern, sondern wie ein Hochhaus auf wackligem Fundament", beklagte er.

Die Immobilienbranche steht unter Druck. Steigende Zinsen, explodierende Baukosten und die hohe Inflation machen den Unternehmen zu schaffen. Hinzu kommt, dass es kaum noch größere Transaktionen gibt - viele Marktteilnehmer können so nur schwer bewerten, was die Immobilienbestände der Konzerne wirklich wert sind. Das schürt Unsicherheit.

Vonovia hatte angesichts der Krise der Branche im ersten Quartal seinen Immobilienbestand um über drei Milliarden Euro auf rund 91,2 Milliarden Euro abgewertet. Der Verschuldungsgrad (LTV) lag zuletzt bei 45,4 Prozent - oberhalb des vom Management angestrebten Korridors. Denn dieser liegt bei Vonovia in einer Spanne von 40 bis 45 Prozent. Es könne vorkommen, dass Vonovia "temporär außerhalb dieser Spanne liegt", räumte Grosse ein. "Dies stellt grundsätzlich kein Problem dar", sagte der Finanzchef. Denn Vonovia könne Wohnungen verkaufen, um wieder in die Spanne zu kommen. Die Tochter Deutsche Wohnen hat etwa ihr Geschäft rund um Pflegeimmobilien zur Disposition gestellt, Vonovia könnte sich von Immobilien-Paketen in Schweden trennen, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch.

Kritisch wäre es indes, wenn sich der Konzern den in den Anleihebedingungen festgeschriebenen Schwellenwerten für den Verschuldungsgrad nähern oder sie gar überschreiten würde. Dann könnten milliardenschwere Anleihen fällig gestellt werden. "Das haben wir selbstverständlich im Blick und verfügen über einen sehr großen Sicherheitspuffer", betonte Grosse.

Vonovia-Chef Buch hatte wegen der Krise den Expansionskurs der vergangenen Jahre samt Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen bereits für beendet erklärt. Vonovia will nun Immobilien verkaufen und Partner ins Boot holen. Zwei Transaktionen gelangen 2023 bereits. Vonovia hatte für einen Verkauf Pakete mit einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro identifiziert. Neubauprojekte wurden auf Eis gelegt, die Dividende für 2022 gekürzt. Wegen des Mangels an Neubauten rief Buch alle Beteiligten zur Zusammenarbeit auf. Die Unternehmen allein könnten das Problem nicht lösen.

Mit der virtuellen Vonovia-Hauptversammlung schied auch der langjährige Aufsichtsratschef Jürgen Fitschen aus dem Amt. Nachfolgerin des langjährigen Co-Vorstandschefs der Deutschen Bank ist die ehemalige McKinsey-Beraterin Clara Streit. Es werde keine Brüche in dem Kontrollgremium durch den Wechsel geben, sagte Fitschen. Der Vonovia-Aufsichtsrat soll zudem auf zehn Mitglieder verkleinert werden.

(Bericht von Matthias Inverardi; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)