HAMBURG (dpa-AFX) - On-Demand-Mobilitätsangebote können die Verkehrswende in Städten nach einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) maßgeblich voranbringen. Unter der Voraussetzung, dass es flächendeckend Sammeltaxi-Angebote mit vielen autonom fahrenden Fahrzeugen gebe, dass der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut sei und der Autoverkehr eingeschränkt werde, ließe sich der Autoverkehr in Hamburg um acht Prozentpunkte reduzieren, sagte der Leiter des Instituts für Verkehrswesen, Martin Kagerbauer, am Mittwoch. Das entspreche in der Hansestadt einem Rückgang von rund 15 Millionen Fahrzeugkilometern pro Woche.

Forscher des KIT haben zusammen mit der Technischen Universität München von Juni 2019 bis Oktober 2021 Daten des Hamburger Sammeltaxi-Anbieters Moia aufbereitet und in Simulationen die Auswirkungen des Angebots untersucht. Befragt wurden den Angaben zufolge vom 15. November bis 15. Dezember 2019 knapp 11 400 Menschen, darunter gut 9200 Moia-Nutzer. Anschließend seien die Daten unter anderem unter Einbeziehung der Moia-Flottenstärke, der Bevölkerungsentwicklung und zahlreicher Details der Hamburger Verkehrsplanung analysiert und in die Zukunft projiziert worden.

Im Vor-Corona-Jahr 2019 betrieb die VW-Tochter Moia in Hamburg bis zu 250 Elektro-Sammeltaxis, wie Moia-Forschungsleiterin Eva Fraedrich sagte. Auf einem etwa 200 Quadratkilometer großen Gebiet absolvierten die Sammeltaxis im Schnitt knapp 44 000 Fahrten pro Woche, fast 28 000 Menschen nutzten das Angebot. Der Moia-Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen in Hamburg lag bei 0,1 Prozent.

Dieser Anteil könnte den Simulationen zufolge auf bis zu drei Prozent steigen, sofern Moia dann auf einer Fläche von 700 Quadratkilometern 5000 autonom fahrende Sammeltaxis einsetzt und aufgrund geringerer Personalkosten niedrigere Preise möglich macht. Auf der anderen Seite müsste der private Autoverkehr um 20 Prozent sinken, indem beim Auto die durchschnittliche Reisezeit um 50 Prozent und die Kosten um 30 Prozent steigen, wie Kagerbauer sagte. Nach seinen Angaben ist in diesem Szenario auch der vom Senat bis 2030 versprochene Hamburg Takt Realität. Dann können alle Hamburgerinnen und Hamburger von morgens bis abends innerhalb von fünf Minuten ein öffentliches Nahverkehrsangebot (ÖPNV) erreichen.

Eine Kannibalisierung des ÖPNV durch Moia gebe es nicht, sagte Kagerbauer. Im Gegenteil. Moia werde von den Fahrgästen bei einer Tour fast immer nur für eine Strecke genutzt, sagte Kagerbauer. Die andere Strecke werde dann meist mit dem ÖPNV absolviert, was sich wiederum positiv auf den öffentlichen Nahverkehr auswirke. Auch das herkömmliche Taxi-Gewerbe müsse wegen unterschiedlicher Zielgruppen nicht bangen. Während Moia-Dienste vor allem in der Freizeit genutzt würden, würden Taxifahrten priorisiert, wenn es um den Beruf gehe und man sein Ziel zu einer bestimmten Uhrzeit erreichen müsse./klm/DP/eas