EMDEN (dpa-AFX) - Nach rund zwei Jahren Umbauphase im laufenden Betrieb hat Volkswagen in seinem Werk in Emden mit der Serienproduktion des vollelektrischen Kompakt-SUV ID.4 begonnen. In der neuen Montagehalle 20 rollten am Freitag die ersten fertigen Wagen vom Band. Nach der Anlaufphase und den Werksferien im Sommer sollen bis Ende des Jahres 4000 ID.4 pro Woche in der Seehafenstadt gefertigt werden, wie Werksleiter Uwe Schwarz sagte. "Ein starkes Signal für Volkswagen, für unser Werk, aber auch für die gesamte Region", sagte der VW-Manager zum Produktionsstart vor Dutzenden Gästen aus der Wirtschaft und der Politik sowie Pressevertretern.

Für die Produktion von E-Autos wird die Fabrik seit 2020 im laufenden Betrieb umgebaut. Neben neuen Fertigungshallen wurde auch ein Batterielager errichtet. Bis 2024 will Volkswagen Emden zu einem Werk ausschließlich für die Produktion von E-Autos umbauen und dazu nach eigenen Angaben insgesamt eine Milliarde Euro investieren. Noch wird parallel in Ostfriesland der Passat gebaut. Ab 2023 soll dann der Aero als zweites Elektromodell gefertigt werden und den Passat ablösen.

Mit der Serienproduktion des ID.4 ist Emden neben dem sächsischen Zwickau nun das zweite deutsche VW-Werk, in dem das Modell gefertigt wird. 400 Beschäftigte aus Ostfriesland waren zeitweise in Sachsen, um den Umstieg von der Verbrenner- auf die E-Auto-Produktion in Emden vorzubereiten. Sie sollen nun nach und nach auch weitere Beschäftigte im Emder Werk trainieren. Zunächst wird der ID.4 in einer Schicht gefertigt, ab Mitte Juni sollen es dann zwei Schichten sein. Von den rund 8000 VW-Beschäftigten in Emden arbeiten nach Angaben des Betriebsrats bereits rund 1000 an der Fertigung von E-Fahrzeugen.

Neben Zwickau und Emden wird der ID.4, das zurzeit absatzstärkste E-Modell von Volkswagen, auch in zwei Werken in China und ab dem Herbst auch in Chattanooga (USA) produziert. Im ersten Quartal 2022 lieferte der Wolfsburger Autobauer mehr als 30 000 ID.4 aus. "Die Erweiterung der Fertigungskapazitäten für den ID.4 hier in Emden ist von zentraler Bedeutung", sagte VW-Kernmarken-Chef Ralf Brandstätter zum Produktionsstart. "Das weltweite Produktionsnetzwerk wird dann auf fünf Standorte anwachsen und wir können dann die großen Märkte Amerika, China und Europa regional mit lokaler Fertigung bedienen."

Das Angebot an vollelektrischen Autos und die Umrüstung weiterer Standorte wie Hannover will VW weiter ausbauen. Das verlaufe "nach Plan", sagte Vorstandschef Herbert Diess kürzlich bei der Hauptversammlung des Konzerns. Die Wagen könnten bald vergleichbar profitabel sein wie Verbrenner. Umweltschützer und auch mehrere Aktionäre forderten aber, nach Kompaktmodellen, SUVs und Limousinen rascher auch kleinere Modelle wie einen ID.1 oder ID.2 anzugehen.

Für die Emder VW-Belegschaft ist der Umstieg auf die E-Mobilität der wohl größte Wandel in der fast 60-jährigen Geschichte des Werkes, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hafen steht. Im Dezember 1964 lief in der Stadt der erste Käfer vom Band und sorgte für viele neue Arbeitsplätze im strukturschwachen Ostfriesland. Seit 1977 wird in Emden der Passat gebaut.

Der Emder Betriebsratsvorsitzende Manfred Wulff sagte, die Transformation zur E-Mobilität sichere nachhaltig Arbeitsplätze in der Region. "Was wir vor vier Jahre entschieden haben, zeichnet sich nun mehr und mehr als richtige Entscheidung ab." Trotz der Corona-Pandemie und Engpässen bei Halbleitern sei der Zeitplan beim Umbau eingehalten worden./len/DP/ngu