EPA bedeutete eine fundamentale Abkehr von der gefestigten Praxis der EPA in der Vergangenheit. Dieser Paradigmenwechsel stellte eine für Volkswagen und den Kapitalmarkt neue Information dar, war vor dem 18. September 2015 nicht bekannt und für den Vorstand von Volkswagen nicht vorhersehbar. Eine kapitalmarktrechtlich relevante Insiderinformation lag vor der Veröffentlichung der Notice of Violation am 18. September 2015 nicht vor.

Das von der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen die Herren Pötsch und Dr. Diess wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz geführte Verfahren wurde durch Beschluss des Landgerichts Braunschweig vor Eröffnung des Hauptverfahrens am 20. Mai 2020 nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage endgültig und das gegen Herrn Professor Dr. Winterkorn mit gleichlautendem Vorwurf geführte Verfahren durch Beschluss des Landgerichts Braunschweig vor Eröffnung des Hauptverfahrens am 14. Januar 2021 nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Nach Auffassung von Volkswagen waren die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen Herrn Pötsch und Herrn Dr. Diess in jeder Hinsicht unbegründet. Die Kanzlei Gleiss Lutz kam bereits vor Einstellung der Verfahren zu dem Ergebnis, dass weder Herr Pötsch noch Herr Dr. Diess ihre kapitalmarktrechtlichen Pflichten verletzt haben. Diese Einschätzung wird durch Gutachten gestützt, die die Kanzlei Linklaters ebenfalls vor Einstellung der Verfahren im Auftrag des Vorstands erstellt hat.

Herr Dr. Diess hat auch im Zusammenhang mit der Besprechung nach dem 'Schadenstisch' keine Pflichten verletzt. Herr Dr. Diess wurde erst Anfang Juli 2015 für Volkswagen tätig. Er hatte keine Vorkenntnisse über die Entwicklung oder den Vertrieb der Volkswagen-Dieselmotoren im nordamerikanischen Markt. Zudem war Herr Dr. Diess - anders als Herr Professor Dr. Winterkorn - für die Lösung der in der Besprechung nach dem 'Schadenstisch' diskutierten Probleme mit den US-amerikanischen Behörden nicht unmittelbar zuständig. Herr Dr. Diess durfte - anders als Herr Professor Dr. Winterkorn - zu diesem Zeitpunkt darauf vertrauen, dass die zuständigen Volkswagen-Gremien und Mitarbeiter den Anhaltspunkten für möglicherweise rechtswidrige Funktionen in von Volkswagen entwickelten 2,0 l-Dieselmotoren der Typen EA 189 Gen 1 NAR und Gen 2 NAR mit der gebotenen Sorgfalt und Geschwindigkeit nachgehen sowie gegenüber den US-amerikanischen Behörden und Kunden pflichtgemäß kommunizieren würden.


VI.           Keine Schadensersatzansprüche von Volkswagen gegen Aufsichtsratsmitglieder 

Linklaters kommt in ihrer gutachterlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ehemalige oder amtierende Mitglieder des Aufsichtsrats von Volkswagen im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden sowie der Aufarbeitung der Dieselthematik ihre aktienrechtlichen Pflichten verletzt haben könnten. Nach der Prüfung von Linklaters liegen weder Anhaltspunkte dafür vor, dass ehemalige oder amtierende Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Veröffentlichung der Notice of Violation am 18. September 2015 Kenntnis von der Dieselthematik hatten, noch bestehen Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Dieselthematik nach Veröffentlichung der Notice of Violation.

Insbesondere gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass einzelne Mitglieder des Präsidiums des Aufsichtsrats im Frühjahr 2015 von Herrn Professor Dr. Piëch über Manipulationen bei Abgaswerten unterrichtet worden sind. Die von Herrn Professor Dr. Piëch im Rahmen seiner staatsanwaltlichen Vernehmung gemachten Angaben sind eingehend geprüft und für nicht glaubhaft befunden worden. Dies hatte der Aufsichtsrat von Volkswagen am 8. Februar 2017 auch in einer Pressemitteilung mitgeteilt. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder des Aufsichtsrats im Frühjahr 2015 Kenntnis von der Dieselthematik hatten oder sich in sonstiger Weise im Zusammenhang mit der Dieselthematik pflichtwidrig verhalten haben.


C.            D&O-VERSICHERUNGSPROGRAMM 

Volkswagen unterhält seit dem 1. Januar 2012 bei der Zurich Insurance plc ('Zurich') eine D&O-Versicherung (' Grundvertrag') mit einer Versicherungssumme von EUR 25 Mio., die Teil eines internationalen Versicherungsprogramms mit integrierten Lokalpolicen ist. An den Grundvertrag schließen sich diverse Exzedentenversicherungsverträge an. Der Grundvertrag und die Exzedentenversicherungsverträge sowie die weiteren im Deckungsvergleich genannten Policen werden zusammen als die 'VW D&O' bezeichnet, die an der VW D&O in den Versicherungsperioden 2015 und 2021 beteiligten Versicherer zusammen die 'Versicherer der VW D&O'. Die VW D&O ist eine Versicherung für den gesamten Volkswagen-Konzern. Sie enthält eine Schiedsklausel, das heißt, etwaige Streitigkeiten über das Bestehen von Deckungsansprüchen können im Rahmen eines nichtöffentlichen Schiedsverfahrens geklärt werden. Die VW D&O gewährt in den Versicherungsverträgen definierten Personen ('Versicherte Personen'), die bei der Versicherungsnehmerin oder bei mitversicherten Unternehmen im Sinne der Versicherungsbedingungen (unter anderem AUDI und Porsche) tätig sind oder waren, Versicherungsschutz insbesondere bei der Inanspruchnahme versicherter Personen auf Schadensersatz sowie bei Einleitung behördlicher Verfahren gegen diese. Zu den versicherten Personen gehören insbesondere ehemalige und amtierende Organmitglieder der Gesellschaften sowie Mitglieder des Markenvorstands der Marke Volkswagen Pkw.

Für die Versicherungsperiode vom 1. Januar 2015 bis 1. Januar 2016 bestand die VW D&O aus dem Versicherungsvertrag mit Zurich über eine Grunddeckung mit einer maximalen Versicherungssumme in Höhe von EUR 25 Mio. sowie neun Exzedentenversicherungsverträgen mit einer maximalen Versicherungssumme in Höhe von zusammen weiteren EUR 475 Mio. (gemeinsam 'Versicherungsprogramm 2015'). Die Gesamtversicherungssumme des Versicherungsprogramms 2015 beträgt somit EUR 500 Mio., wobei die über EUR 300 Mio. hinausgehende Versicherungssumme ausschließlich für Organmitglieder von Volkswagen zur Verfügung steht.

Im November 2015 meldete Volkswagen die seinerzeit bekannten Sachverhalte der Dieselthematik vorsorglich gegenüber den Versicherern der VW D&O des Versicherungsprogramms 2015. Daraufhin schlossen die Versicherer für die Versicherungsperioden ab 1. Januar 2016 die Versicherungsdeckung für sog. 'Abgaswertemanipulationen' unter der VW D&O aus. Aufrechterhalten wurde der Versicherungsschutz jedoch für das näher definierte Bewältigungsmanagement. Mit diesem Deckungsausschluss und einigen weiteren Anpassungen wurde in den Folgejahren die VW D&O fortgesetzt.

Für die seit 1. Januar 2021 laufende Versicherungsperiode besteht die VW D&O aus dem Versicherungsvertrag mit Zurich über eine Grunddeckung mit einer maximalen Versicherungssumme in Höhe von EUR 25 Mio. sowie elf Exzedentenversicherungsverträgen mit einer maximalen Versicherungssumme in Höhe von zusammen weiteren EUR 455 Mio. (gemeinsam: 'Versicherungsprogramm 2021'). Die Gesamtversicherungssumme des Versicherungsprogramm 2021 beträgt somit EUR 480 Mio., wobei wiederum die über EUR 300 Mio. hinausgehende Versicherungssumme ausschließlich für Organmitglieder von Volkswagen zur Verfügung steht.

Zurich hat aus der Grunddeckung 2015 Leistungen für Rechtsverteidigungskosten der versicherten Personen erbracht, unter anderem im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen und diversen Verfahren in den USA.

Volkswagen ist der Ansicht, dass die betroffenen Sachverhalte in das Versicherungsprogramm 2015 und in das Versicherungsprogramm 2021 fallen. Die Versicherer der VW D&O hatten eingewandt, dass Versicherungsschutz allenfalls unter dem Versicherungsprogramm 2015 bestehen könnte. Im Interesse einer umfassenden und abschließenden Regelung beteiligen sich aber auch Versicherer der VW D&O des Versicherungsprogramms 2021 am Deckungsvergleich.


D.            WESENTLICHER INHALT DER VERGLEICHSVEREINBARUNGEN 
I.            Haftungsvergleiche 

Volkswagen und AUDI haben mit Herrn Professor Dr. Winterkorn und Herrn Stadler die als Anlagen zu Tagesordnungspunkt 10 wiedergegebenen Haftungsvergleiche abgeschlossen. Der Haftungsvergleich mit Herrn Professor Dr. Winterkorn bezieht sich sowohl auf Ansprüche, die aufgrund von fahrlässigen Pflichtverletzungen von Herrn Professor Dr. Winterkorn in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender von Volkswagen bestehen, als auch auf Ansprüche, die aufgrund von fahrlässigen Pflichtverletzungen von Herrn Professor Dr. Winterkorn in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender von AUDI bestehen. Der Haftungsvergleich mit Herrn Stadler behandelt Ansprüche, die aufgrund von fahrlässigen Pflichtverletzungen von Herrn Stadler als Vorstandsmitglied von Volkswagen sowie als Vorstandsvorsitzender von AUDI bestehen. Deshalb sind jeweils Volkswagen und AUDI Parteien dieser Haftungsvergleiche.

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June 14, 2021 09:06 ET (13:06 GMT)