Die Entscheidung zur Entwicklung und zur Installation dieser Softwarefunktion wurde Ende 2006 von Mitarbeitern im Bereich der Aggregateentwicklung getroffen. Hintergrund dieser Entscheidung war unter anderem, dass die strengen US-amerikanischen Emissionsgrenzwerte mit dem damaligen Stand des EA 189 nicht sicher eingehalten werden konnten und es zugleich technische Probleme mit der Langzeitstabilität des NOx-Speicherkatalysators gab. Das Defeat Device erkannte den Fahrverlauf von Abgastests. Je nach erkanntem Fahrverlauf schaltete es zwischen zwei verschiedenen Modi um: einem Modus für optimale Stickoxid (NOx)-Werte im Prüfstandsbetrieb und einem Modus für optimale Feinstaubwerte im Straßenbetrieb. Das Defeat Device kam zunächst in für den Markt Nordamerika ('NAR') bestimmten Fahrzeugen mit 2,0 l Dieselmotoren des Typs EA 189 zum Einsatz. Es wurde im EA 189 Gen 1 NAR der Modelljahre 2009 bis 2014 eingesetzt, der mit einem NOx-Speicherkatalysator ausgestattet war. Zudem kam es im EA 189 Gen 2 NAR zum Einsatz, der mit einem SCR-System ausgestattet war. Bei einem SCR-System werden Stickoxide durch Einspritzung von Harnstofflösung (Markenname: 'AdBlue') zu Stickstoff und Wasser reduziert. Auch im Nachfolgemodell des EA 189, dem Typ EA 288 Gen 3 NAR mit SCR-System des Modelljahrs 2015, kam das Defeat Device zum Einsatz.

Im Mai 2014 veröffentlichte das International Council on Clean Transportation ('ICCT') eine Studie, in der bei Messungen von für den Markt NAR bestimmten Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns mit 2,0 l Dieselaggregaten des Typs EA 189 im realen Fahrbetrieb um den Faktor 15 bis 35 höhere NOx-Emissionen gegenüber Messungen auf dem Prüfstand ermittelt wurden. In den Monaten nach Veröffentlichung dieser Studie wurden die ungewöhnlich hohen NOx-Emissionen durch Volkswagen plausibilisiert und bestätigt. Dieses Ergebnis wurde dem California Air Resources Board ('CARB'), einer Einheit der Umweltbehörde des US-Bundesstaates Kalifornien, mitgeteilt. Gleichzeitig wurde CARB angeboten, im Rahmen einer ohnehin geplanten Servicemaßnahme eine Rekalibrierung (sogenannter 'Flash' oder 'Software-Fix') der Motorsteuerungssoftware der Dieselaggregate des Typs EA 189 in den USA vorzunehmen.

Die Manipulation der Software der Steuerungseinheiten der Dieselmotoren wurde von Volkswagen Anfang September 2015 als ein nach US-amerikanischem Recht unzulässiges Defeat Device eingeordnet. Volkswagen legte das Defeat Device gegenüber der EPA und der CARB am 3. September 2015 offen. Nach der bis dahin geübten Verwaltungspraxis der zuständigen US-amerikanischen Behörden wurden vergleichbare Verstöße anderer Automobilhersteller im Rahmen einer einvernehmlichen Einigung stets mit Geldbußen am unteren Rand des gesetzlichen Strafrahmens beigelegt.

Am 18. September 2015 veröffentlichte die EPA eine an Volkswagen, die Volkswagen Group of America Inc. und AUDI gerichtete Notice of Violation und gab öffentlich bekannt, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen der Modelljahre 2009 bis 2015 mit 2,0 l Dieselaggregaten (EA 189 und EA 288) des Volkswagen-Konzerns in den USA Unregelmäßigkeiten bei Stickoxid (NOx)-Emissionen festgestellt worden seien.

Nach der Bekanntmachung der EPA informierte Volkswagen in Form einer Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 darüber, dass bei Dieselaggregaten des Typs EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen, auffällige Abweichungen von Emissionswerten zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb festgestellt wurden. Volkswagen stoppte umgehend den Verkauf und die Auslieferung von Fahrzeugen mit von der Notice of Violation am 18. September 2015 umfassten Motoren in den USA und in den folgenden Wochen auch in weiteren Märkten.

Der Volkswagen-Konzern hat bis zum 31. Dezember 2020 für negative Sondereinflüsse im Zusammenhang mit der Dieselthematik insgesamt mindestens EUR 32 Mrd. aufgewendet. Der Betrag setzt sich unter anderem zusammen aus den Kosten für Rückrufe und Feldmaßnahmen, Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen an Händler, Kosten der internen Untersuchung und Bußgeldzahlungen.


2.             AUDI 

AUDI entwickelte ab dem Jahr 2005 einen 3,0 l V6 TDI-Motor für den Markt NAR. Um die strengen US-amerikanischen Emissionsgrenzwerte zu erfüllen, entschieden sich die zuständigen AUDI-Gremien für den Einsatz der damals neuen SCR-Technologie.

Am 2. November 2015 gab die EPA ebenfalls in Form einer Notice of Violation bekannt, dass bei der Software von Fahrzeugen von AUDI, Volkswagen und Porsche mit Dieselmotoren vom Typ 3,0 l V6 TDI Unregelmäßigkeiten aufgedeckt worden seien, die nach US-amerikanischem Recht als anmeldepflichtige Auxiliary Emission Control Devices ('AECD') oder unzulässige Defeat Devices eingeordnet würden. AUDI stoppte daraufhin am 4. November 2015 den Verkauf hiervon betroffener Fahrzeuge im Markt NAR. Im Hinblick auf den Einsatz etwaiger unzulässiger Softwarefunktionen führte AUDI anschließend umfangreiche Untersuchungen durch. Die in der Folge gegenüber US-amerikanischen Behörden offengelegten Softwarefunktionen standen im Zusammenhang mit der Temperatur-Konditionierung sowie der AdBlue-Dosierung im SCR-System. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt ('KBA') stellte nach der Notice of Violation vom 2. November 2015 Fragen zu den von AUDI entwickelten und hergestellten 3,0 l V6 und 4,2 l V8 TDI-Motoren für die europäischen Märkte. In den Jahren 2017 bis 2019 erließ das KBA verschiedene Bescheide gegen AUDI und Volkswagen wegen nach Auffassung des KBA unzulässiger Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerungssoftware verschiedener Fahrzeuge mit diversen von AUDI entwickelten V-TDI-Motoren.


3.             Porsche 

Porsche selbst entwickelte und baute zu keinem Zeitpunkt eigene Dieselmotoren. Porsche stellte lange Zeit ausschließlich Sportwagen her und bot auch die später hinzugekommenen Sports Utility Vehicles ('SUV') zunächst ausschließlich mit Benzinmotor an.

Im Jahr 2007 beauftragte Porsche erstmals Volkswagen und AUDI beziehungsweise eine Tochtergesellschaft von AUDI mit der Entwicklung, Herstellung und Lieferung von bereits in AUDI- und Volkswagen-Fahrzeugen eingesetzten V6 und V8 TDI-Motoren für den Einsatz in Porsche-Fahrzeugen sowie mit der Entwicklung und Applikation der dazugehörigen Motorsteuerungssoftware. Dabei wurde unter anderem der Basisdatenstand von bereits zuvor entwickelten AUDI- und Volkswagen-Projekten grundsätzlich übernommen und lediglich von AUDI an die fahrzeug- und modellspezifischen Besonderheiten und Anforderungen der Porsche-Fahrzeuge angepasst. Die von AUDI für 3,0 l V6 TDI-Motoren entwickelten Softwarefunktionen im Zusammenhang mit der Temperatur-Konditionierung sowie der AdBlue-Dosierung im SCR-System waren Teil dieses Basisdatenstands.

Das KBA erließ in den Jahren 2017 und 2018 auch mehrere Bescheide gegen Porsche.


II.           Umfassende Untersuchung der Dieselthematik und Prüfung von Verantwortlichkeiten 

Die Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz hat die Aufsichtsräte von Volkswagen, AUDI und Porsche bei der Aufklärung der Ursachen der Dieselthematik begleitet. Gleiss Lutz hat eine umfassende Prüfung von Pflichtverletzungen und Schadensersatzansprüchen durchgeführt.

Der Aufsichtsrat von Volkswagen beschloss in seiner Sitzung am 26. März 2021, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, Herrn Professor Dr. Winterkorn, sowie den früheren Konzernvorstand und Vorstandsvorsitzenden von AUDI, Herrn Stadler, wegen fahrlässiger aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Auch die Aufsichtsräte von AUDI sowie von Porsche haben sich mit den Ergebnissen aus den Untersuchungen ihrer Gesellschaften in ihren Sitzungen befasst. In diesem Zusammenhang werden dem früheren Vorstandsvorsitzenden Herrn Stadler und den ehemaligen Vorständen von AUDI, Herrn Professor Dr. Hackenberg und Herrn Dr. Knirsch, sowie dem früheren Porsche-Vorstand Herrn Hatz fahrlässige aktienrechtliche Sorgfaltspflichtverletzungen vorgeworfen. Die Aufsichtsräte von AUDI und Porsche beschlossen, diese Personen auf Basis des Aktienrechts auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Die Beschlussfassungen der drei Aufsichtsräte beruhen auf von Gleiss Lutz erstellten Gutachten, in denen fahrlässige Pflichtverletzungen festgestellt werden. Die Untersuchung und Prüfung erstreckten sich auf alle im jeweils relevanten Zeitraum amtierenden Mitglieder des Vorstands der drei Gesellschaften.

Der Vorstand von Volkswagen hat umfassend geprüft, ob die ehemaligen oder amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats von Volkswagen im Zusammenhang mit der Dieselthematik ihre Pflichten eingehalten haben. Mit dieser Prüfung hat der Vorstand von Volkswagen die Rechtsanwaltskanzlei Linklaters beauftragt. Linklaters kommt in ihrer gutachterlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ehemalige oder amtierende Mitglieder des Aufsichtsrats von Volkswagen im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden sowie der Aufarbeitung der Dieselthematik ihre aktienrechtlichen Pflichten verletzt haben könnten. Auch die Vorstände von AUDI und Porsche haben Linklaters um die Prüfung der Pflichtgemäßheit des Handelns der Mitglieder ihrer Aufsichtsräte gebeten. Mit Blick auf die Mitglieder des Aufsichtsrats von Porsche stellt Linklaters fest, dass keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen vorliegen. Gleiches gilt für die Mitglieder des Aufsichtsrats von AUDI mit Ausnahme von Herrn Professor Dr. Winterkorn, der nach den Feststellungen von Linklaters seine aktienrechtlichen Pflichten in fahrlässiger Weise verletzt hat.


III.          Laufende Verfahren im Zusammenhang mit der Dieselthematik 

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June 14, 2021 09:06 ET (13:06 GMT)