LONDON/DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Es stand auch schon mal schlechter um den britischen Telekommunikationskonzern Vodafone. Eine Geschäftserholung nach zunächst herben Belastungen durch die Corona-Pandemie besänftigte die Anleger zuletzt. Allerdings bereitet ein anderes Thema dem Konzern Kopfschmerzen. Was bei Vodafone los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI VODAFONE:

An sich dürfte Vodafone zufrieden sein: Mit den jüngsten Quartalszahlen übertrafen die Briten die Erwartungen von Branchenexperten und konnten herbe Rückgänge aus dem ersten Geschäftsquartal reduzieren. Denn in den drei Monaten zuvor musste der Telekom-Konzern deutliche Einbußen hinnehmen, etwa weil Roaming-Umsätze infolge der Reiserestriktionen fehlten. Zuletzt lief es aber wieder besser.

Große Hoffnung steckt das Unternehmen in den Börsengang seiner europäischen Funkturmsparte. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg Mitte November unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete, will der Konzern mit dem Börsengang von Vantage Towers Anfang 2021 in Frankfurt vier Milliarden Euro einnehmen. Bloomberg-Daten zufolge wäre es der größte Börsengang an einer europäischen Börse seit mehr als drei Jahren.

Auch hierzulande im wichtigsten Einzelmarkt kann Vodafone frohe Kunde verbreiten: Beim Ausbau von 5G-Mobilfunkantennen kommt die Düsseldorfer Tochter schneller voran als gedacht. Bis Jahresende will sie 15 statt bislang anvisiert 10 Millionen Menschen mit dem neuen Mobilfunkstandard erreichen. Im Vergleich zum Wettbewerber Deutsche Telekom ist da aber noch Luft nach oben: Die Bonner erreichen derzeit nach eigenen Angaben bereits 50 Prozent der deutschen Haushalte, bis Ende 2020 sollen es zwei Drittel sein.

Nicht nur das Thema 5G beschäftigt beide Unternehmen. Kopfschmerzen bereitet Vodafone die Diskussion um eine Abschaffung des sogenannten Nebenkostenprivilegs: Dabei können Vermieter die Grundgebühren für einen TV-Kabelanschluss über die Nebenkosten der Miete abrechnen. Wegen einer Art Mengenrabatts kann Fernsehen dadurch günstiger sein, weil alle Mieter pauschal zahlen müssen. So haben viele Häuser Kabelanschlüsse. Dabei können die Kosten dann aber auch auf Mieter umgelegt werden, die diesen Anschluss gar nicht nutzen wollen.

Als größter Kabelnetzbetreiber Deutschlands profitiert vor allem Vodafone von der Regelung und wirbt damit, dass dadurch Kabelfernsehen für Jedermann erschwinglich sei. Fielen diese Einnahmen weg, könnte der Gigabit-Ausbau hierzulande aufgrund fehlender Investitionsmittel ins Stocken geraten, warnt die Vodafone-Tochter.

Der Deutschen Telekom ist die Regelung aber ein Dorn im Auge. Denn: Sie vertreibt schwerpunktmäßig digitales Fernsehen in Einzelverträgen über die Internetleitung. Sie könnte also von einem Wegfall des Nebenkostenprivilegs profitieren, da manch ein Mieter womöglich doch nicht mehr den Kabelanschluss nutzen würde, wenn er nicht mehr standardmäßig mit den Nebenkosten bezahlt werden müsste.

Beim LTE-Netz ziehen beide Konzerne aber bei rund 4000 sogenannten grauen Flecken an einem Strang, um den bis dato schwachen Empfang für die Kunden zu verbessern. Damit sind die Anbieter nun aber ins Visier des Bundeskartellamts gerückt. Die Behörde prüft die kartellrechtliche Zulässigkeit der Zusammenarbeit, weil dadurch Rivalen wie Telefónica oder 1&1 Drillisch benachteiligt werden könnten. Vodafone und Telekom hatten mitgeteilt, grundsätzlich stehe es beiden Unternehmen offen, ähnliche Vereinbarungen auch mit anderen Anbietern zu treffen.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Analysten blicken überwiegend optimistisch auf Vodafone. Nach Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg raten 20 der Experten zum Kauf, vier zum Halten und nur zwei zum Verkauf der Papiere. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 173 Pence. Zum aktuellen Kursniveau von rund 124 Pence ist da also noch deutlich Luft nach oben.

Der britische Telekomkonzern sei im zweiten Geschäftsquartal stärker gewachsen als erwartet, kommentierte etwa Analyst Robert Grindle von der Deutschen Bank. Ähnlich äußerte sich sein Kollege Jakob Bluestone von der Schweizer Bank Credit Suisse, der im ersten Geschäftshalbjahr die annähernde Stabilisierung des Umsatzwachstums in Spanien als größte Überraschung bezeichnete. Daher rechne er nun mit einem insgesamt höheren freien Mittelzufluss als zuvor.

Das zweite Geschäftsquartal sei sehr stark ausgefallen, sagte Analyst Polo Tang von der Schweizer Großbank UBS. Dies und auch der ermutigende Ausblick des Telekomkonzerns dürften die Neubewertung der Aktie vorantreiben.

Unterdessen richtete JPMorgan-Analyst Akhil Dattani die Aufmerksamkeit auf den geplanten Börsengang von Vantage Towers. Der kurzfristige Ausblick für den Geschäftsbereich sei zwar etwas enttäuschend. Die mittelfristigen Ziele hingegen bewegten sich schon eher im Rahmen der Markterwartungen.

DAS MACHT DIE AKTIE (Stand Montag nach Börsenschluss)

Wie viele andere Aktien musste auch Vodafone in der Corona-Krise schwer einstecken. Den Tiefpunkt im Corona-Crash erreichte der Kurs mit knapp 93 Pence Mitte März, gewann aber danach bis Anfang Juni wieder an Wert. Vom damaligen Hoch bei 142,44 Pence fiel die Aktie dann aber zurück und ist nun rund 15 Prozent entfernt.

Mit derzeit etwa 122 britischen Pence kostete eine Vodafone-Aktie zuletzt etwa so viel wie Ende Juli. Damit kommt Vodafone auf einen Börsenwert von gut 32,7 Milliarden Pfund und damit umgerechnet auf rund 36,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von gut 70 Milliarden Euro.

In den vergangenen Monaten entwickelte sich die Telekom-Aktie deutlich besser als die Vodafone-Anteile. Die Papiere des deutschen Konzerns profitierten dabei vor allem von der starken Entwicklung der US-Mobilfunktochter T-Mobile US.

Die Vodafone-Aktie stand aber schon vor der Corona-Krise stark unter Druck - so verlor der Kurs in den vergangenen fünf Jahren mehr als 40 Prozent und damit in etwa so viel wie der europäische Branchenindex Stoxx 600 Telecommunications aber deutlich mehr als zum Beispiel die Deutsche Telekom, die seit dem Herbst 2015 etwas mehr als zehn Prozent nachgab.

Beide Papiere eint die Tatsache, dass sie meilenweit von ihren Rekordständen aus der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende entfernt sind. So liegt der Kurs der Vodafone-Aktien rund 80 Prozent unter dem Rekordhoch aus dem Jahr 2000 - bei der Deutschen Telekom sind es zirka 85 Prozent./ngu/men/mis