(Reuters) - Der verstaatlichte Energiekonzern Uniper gerät mit seinem Russlandgeschäft ins Visier der Regierung in Moskau.

Der Düsseldorfer Versorger bestätigte am Mittwoch, dass die Tochter Unipro unter staatliche Verwaltung gestellt worden sei. Uniper habe das Dekret zur Kenntnis genommen und prüfe dies, erklärte der Konzern. Uniper könne bereits seit Ende 2022 faktisch keine operative Kontrolle mehr über Unipro ausüben. Bilanziell sei Unipro seit Ende 2022 entkonsolidiert und praktisch vollständig abgeschrieben. Nach einem von Präsident Wladimir Putin unterzeichneten Dekret wurden Unipro und auch die russischen Vermögenswerte der ehemaligen Uniper-Konzernmutter Fortum Oyj unter staatliche Leitung gestellt. Unipro betreibt in Russland fünf Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als elf Gigawatt und beschäftigt rund 4300 Mitarbeiter.

Russland müsse dringend Maßnahmen ergreifen, um auf Schritte der USA und anderer Länder zu reagieren, die "unfreundlich und völkerrechtswidrig" seien, hieß es in dem Dekret. Die Anteile an den beiden Unternehmen seien zunächst unter die Kontrolle der Behörde für staatliches Eigentum Rosimuschtschestwo gestellt worden.

Uniper hatte nach eigenen Angaben bereits im Sommer 2021 beschlossen, die Beteiligung zu verkaufen und die russische Regierung darüber im Herbst 2021 informiert. Im September 2022 sei ein Vertrag mit einem russischen Käufer unterzeichnet worden, der aber bislang von den russischen Behörden keine Genehmigung erhalten habe. Uniper war durch den Gas-Lieferstopp Russlands im Zuge des Ukraine-Kriegs in eine Schieflage geraten. Der Konzern musste vom deutschen Staat mit Milliardenhilfen vor einer Pleite bewahrt werden. Der Bund übernahm Uniper schließlich. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte, das Ministerium nehme die russische Entscheidung zur Kenntnis. "Die konkreten Folgen müssen jetzt geprüft werden", fügte er hinzu.

Die frühere Uniper-Mutter Fortum teilte mit, es läge bislang keine offizielle Bestätigung durch die russischen Behörden vor. Fortum prüfe die Lage. Das Dekret sehe offenbar keine Enteignung vor, die genauen Auswirkungen seien aber unklar. Der finnische Energiekonzern habe seine russischen Geschäfte Ende 2022 mit 1,7 Milliarden Euro in den Büchern gehabt.

Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass ist das Dekret eine Reaktion auf die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte im Ausland. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr den heutigen Energiekonzern Sefe, die frühere Gazprom Germania, verstaatlicht. Russland hatte zudem verärgert über mögliche weitere Sanktionen des Westens wegen des russischen Krieges in der Ukraine reagiert. Die staatliche VTB Bank hatte in dieser Woche Moskau empfohlen, die Übernahme und Kontrolle ausländischer Unternehmen wie Fortum zu erwägen und die Vermögenswerte nur zurückzugeben, wenn die Sanktionen aufgehoben sind.

Tass zitierte Rosimuschtschestwo mit den Worten, es könnten weitere Geschäfte ausländischer Firmen unter befristeter Kontrolle kommen. Die Behörde werde dafür sorgen, dass die Firmen entsprechend ihrer Bedeutung für die russische Wirtschaft geführt werden. Das Dekret sehe keine Enteignung vor. Es sei aber eine Interims-Leitung eingesetzt worden. Der bisherige Besitzer könne keine Management-Entscheidungen mehr treffen.

Der ebenfalls auf dem Rückzug aus Russland befindliche Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea erklärte, er sei von dem Dekret nicht überrascht. Es handele sich um einen weiteren Erlass, der "direkt in die Rechte ausländischer Unternehmen in Russland eingreift", sagte Vorstandschef Mario Mehren auf einer Pressekonferenz. Sein Konzern sei von dem Dekret gegenwärtig aber nicht betroffen. Doch: "Heutzutage kann in Russland alles passieren, was eine direkte Einmischung in unsere Rechte, in unser Vermögen anbetrifft."

(Bericht von David Ljunggren, geschrieben von Hans Busemann, Scot W. Stevenson, Tom Käckenhoff, Patricia Weiß, Christoph Steitz und Matthias Inverardi, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)