Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Unilever-Chef Alan Jope stand schon unter Beschuss, bevor er den Anlegern am Donnerstag noch mehr schlechte Nachrichten zumutete. Die Probleme des Konsumgüterkonzerns sind jedoch keine, die durch eine neue Führung schnell behoben werden können.

Bei Bekanntgabe der Ergebnisse für das vierte Quartal erklärte der Konsumgüterriese, der unter anderem für Dove-Seife und Ben & Jerry's-Eis bekannt ist, dass die operative Marge im Jahr 2022 um bis zu 2,4 Prozentpunkte von derzeit 18,4 Prozent sinken werde. Analysten hatten mit einem Rückgang um 0,4 Prozentpunkte gerechnet. Sorgen macht die Tatsache, dass die niedrigere Marge nur die Auswirkungen der höheren Inflation widerspiegelt und nicht etwa Pläne, die Marketing- oder Innovationsbudgets zu erhöhen, um das Wachstum zu beflügeln.

Unilever steht nach Jahren schwacher Performance und einem überraschenden 68-Milliarden-Dollar-Angebot für das Consumer-Healthcare-Geschäft von GlaxoSmithKlein unter Druck. Die Offerte hatte im vergangenen Monat eine Revolte der Aktionäre ausgelöst. Danach war der aktivistische Investor Nelson Peltz mit seinem Fonds Trian Partners bei Unilever eingestiegen. Über den Umfang der Beteiligung oder zur Lage des Unternehmens äußerte er sich bislang nicht.

Jope betonte in der Telefonkonferenz zu den Quartalsergebnissen wiederholt, dass große Übernahmen nun vom Tisch seien. Folglich schloss er auch den Verkauf der wachstumsschwachen Lebensmittelsparte aus, der den Deal mit Glaxo hätte finanzieren können.

Damit ist Unilever gezwungen, sein bestehendes Geschäft alleine zu sanieren, und das zu einer Zeit, in der Haushaltsmarken weltweit unter Inflationsdruck stehen. Procter & Gamble teilte letzten Monat mit, dass die Kosten im laufenden Geschäftsjahr um 2,8 Milliarden US-Dollar steigen werden. Gleichzeitig bereitete das Unternehmen seine Kunden darauf vor, dass deren Lebensmittel-Einkäufe teurer werden.

Unilever wird noch stärker in Bedrängnis geraten. Die Netto-Materialinflation, die die höheren Kosten abzüglich der Auswirkungen von Hedging und anderen Maßnahmen wie Produktentwicklungen misst, wird bis 2022 auf 3,6 Milliarden Euro ansteigen. Im Jahr 2020 betrug die Nettoinflation der Kostenbasis von Unilever lediglich 100 Millionen Euro.

Die Aussicht auf eine geringere Gewinnspanne zeigt, dass Unilever davon ausgeht, einen Teil, aber beileibe nicht alles, an die Kunden weitergeben zu können. Ohne Preiserhöhungen könnte der Margenrückgang dreimal so hoch ausfallen. Dennoch wirft die neue Prognose Fragen über die Verfassung der Unilever-Marken und der Verbraucher in den Schwellenländern auf, die sie häufig bedienen. Procter & Gamble, dessen Portfolio stärker auf die Industrieländer ausgerichtet ist, erklärte letzten Monat, dass seine Bruttomargen trotz der Inflation weiter steigen werden.

Bei Unilever stiegen die Umsätze in den drei Monaten bis Dezember um mehr als die erwarteten 4,9 Prozent. Dies war jedoch ausschließlich auf Preiserhöhungen zurückzuführen, die notwendig waren, um mit der Inflation und der Abwertung von Schwellenland-Währungen Schritt zu halten. Die Menge der verkauften Waren stagnierte jedoch, und in Lateinamerika führten sukzessive Preiserhöhungen zu einem Rückgang des regionalen Absatzes um 4,8 Prozent im Quartal.

Unilever geht davon aus, dass sich die operativen Margen bis 2024 vollständig erholen werden. Eine neue Organisationsstruktur, die ab Juli in Kraft tritt, soll die Kosten über zwei Jahre hinweg um 600 Millionen Euro senken und das Umsatzwachstum verbessern.

Normalerweise kommt es einem neuen Management zu, den Aktionären solche Margenrücksetzungen zu verkünden. Peltz, der früher im Vorstand von Procter & Gamble saß, könnte sich nun veranlasst sehen, seine Gedanken über Unilever und die Unternehmensführung öffentlich zu machen.

Dabei kommt es aber gar nicht mehr so sehr darauf an, ob Jopes geht oder bleibt. Es ist die Inflation, die den Turnaround des Unternehmens so schwierig machen wird.

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February 11, 2022 03:05 ET (08:05 GMT)