Noch vor seinem offiziellen Amtsantritt am Dienstag ließ sich der französische Investmentbanker im Verwaltungsrat eine erneute Überprüfung der Strategie absegnen. Mit dem Verkauf eines 328 Millionen Euro schweren Aktienpakets am Online-Broker Fineco ließ die Mailänder Großbank über Nacht gleich Taten folgen. Die Münchener HypoVereinsbank zählt Mustier ausdrücklich zu den strategischen Beteiligungen. Das knappe Kapital weckt in Bayern Finanzkreisen zufolge allerdings wieder Hoffnungen auf einen Börsengang der deutschen UniCredit-Tochter, der auch das Investmentbanking des Konzerns zugeordnet ist.

"Strategische Beteiligungen wie die HVB, Osteuropa und die Investmentbank werden ihre Entwicklung fortsetzen", heißt es in der Mitteilung. Sie sollten aber die Kundenbeziehungen stärker ausschöpfen und Prozesse effizienter gestalten sowie stärker auf den Kapitalbedarf achten. Für alle Bereiche - "ohne Ausnahme" - würden Gelegenheiten geprüft, schrittweise Mehrwert zu schaffen, "möglicherweise auch durch Verkäufe", kündigte UniCredit nach der Verwaltungsratssitzung an. "Bevor die Bank Staatshilfe nimmt, würde sie die HVB an die Börse bringen", sagte ein hochrangiger Banker der Nachrichtenagentur Reuters. Ein solcher Schritt würde sich sofort positiv auf das Kapitalpolster auswirken. Für die HypoVereinsbank könnte das mehr Selbstständigkeit bedeuten.

Mustier erklärte, kein großer Bereich in der Bank sei von der Überprüfung ausgenommen. Es gehe um Kostensenkungen, aber auch um einen vorsichtigeren Umgang mit Risiken und um eine Optimierung des Kapitals. Italiens Geldhäuser ächzen unter einem 360 Milliarden Euro schweren Berg von faulen Krediten. Allein an insolvente Schuldner hatten sie nach Angaben der italienischen Notenbank im Mai fast 200 Milliarden verliehen. Mustier kündigte an, er wolle das Kreditportfolio außerhalb des Kerngeschäfts "proaktiver" managen, um die Bilanz zu stärken. Die Strategie seines Vorgängers Federico Ghizzoni war an den Kapitalmärkten krachend durchgefallen.

Von Mustier wird in Italien eine milliardenschwere Kapitalerhöhung erwartet, um die Sorgen der Anleger um die zu dünne Kapitaldecke von UniCredit zu zerstreuen. Der auf zwei Euro abgestürzte Aktienkurs macht das Unterfangen allerdings schwierig: Die bisherigen Eigentümer, darunter einflussreiche Stiftungen, müssten eine starke Verwässerung hinnehmen. Daher dürfte der neue Chef erst einmal zum Verkauf von Beteiligungen greifen. In der Nacht zum Dienstag hat die Bank ihr Aktienpaket an Fineco um rund zehn Prozent auf 55,4 Prozent reduziert. Ein Schritt, der vor allem Symbolkraft hat. UniCredit bessert die harte Kernkapitalquote damit gerade um 0,08 Prozentpunkte auf. Mit 10,5 Prozent gilt das Eigenkapitalpolster bisher als zu dünn.

FRAGEZEICHEN UM PIONEER-FUSION MIT SANTANDER

An der Börse wurden der Schritt und Mustiers Ankündigungen trotzdem wohlwollend aufgenommen: Die allein in diesem Jahr um 60 Prozent abgestürzte Aktie legte am Dienstag um neun Prozent zu. Auf der Verkaufsliste stehen außerdem die polnische Tochter Bank Pekao und die Fondstochter Pioneer. Letztere will UniCredit eigentlich mit dem Vermögensverwalter der spanischen Santander zusammenlegen. Doch die Fusion stockt. Die "Financial Times" berichtete, die Transaktion stehe angesichts des Votums zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU vor dem Aus. Mustier sagte am Montag, man arbeite mit Santander an einer Lösung, um den Zusammenschluss zu besiegeln.

Die österreichische Bank Austria wird in der Mitteilung nicht ausdrücklich erwähnt. Sie steht vor einem umfassenden Umbau. Das Osteuropa-Geschäft soll abgespalten und künftig aus Italien gesteuert werden. Die österreichische Finanzaufsicht fordert deshalb Finanzkreisen zufolge mehr Eigenkapital für das verbleibende Geschäft. Nach einem Bericht der Tageszeitung "Der Standard" könnte UniCredit Eigenkapital von der HVB zur Bank Austria umleiten, um den Anforderungen nachzukommen. Die HVB gilt seit dem 12,5 Milliarden Euro schweren Verkauf der Bank Austria an die eigene Mutter als überkapitalisiert.