Von Summer Said, Julie Steinberg, Margot Patrick und Stephen Kalin

DUBAI (Dow Jones)--Als der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im vergangenen Jahr vom Ölpreisboom profitierte, wies er die von der Regierung unterstützte Saudi National Bank (SNB) an, 1,5 Milliarden US-Dollar in die Credit Suisse zu investieren. Das tat er, obwohl seine Finanzberater ernsthafte Zweifel hegten. Nun ist das saudische Investment nach der Notfusion der Credit Suisse mit der UBS fast zunichte gemacht worden. Durch den Zusammenbruch der Credit Suisse wurden auch Investments des Staatsfonds von Katar und der in Saudi-Arabien ansässigen Olayan-Familie in Milliardenhöhe praktisch pulverisiert.

Damit zählt die Region am Persischen Golf seit dem Zusammenbruch zweier US-Banken in der vergangenen Woche zu den größten Verlierern des Einbruchs bei Finanztiteln. Die saudische Investition in die Credit Suisse sollte eigentlich den glanzvollen Einstieg des Königreichs in den globalen Bankensektor krönen und seinen aufstrebenden Status als ölgetriebenes Investitionszentrum zementieren. Zugleich schlossen die Saudis das Geschäft ab, als die Ölpreise knapp unter 100 Dollar pro Barrel lagen und der Einmarsch Russlands in der Ukraine die Energiemärkte beflügelte.


   Golfstaaten litten bereits bei Finanzkrise 

Die hohen Verluste erinnern daran, wie die Golfstaaten während der Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 mit ihren Investments in westliche Banken und Hedgefonds schwer unter die Räder kamen. Der Wert der ausländischen Assets in den Portfolios der Staaten des Golf-Kooperationsrates fiel 2008 um 100 Milliarden Dollar auf insgesamt 1,2 Billionen Dollar, wobei die riesigen Privatvermögen der herrschenden Familien nicht mitgezählt wurden. Das berichtete der in New York ansässige Council on Foreign Relations im Jahr 2009. Die saudischen Banken hatten bis vor kurzem nicht in großem Umfang in ausländische Banken investiert, streben nun aber danach, ein globales Bankenprofil als Teil einer breiteren wirtschaftlichen Diversifizierungsagenda zu erlangen. Dazu zählt auch die Erhöhung des Investmentportfolios des saudischen Staatsfonds, des Public Investment Fund (PIF), so David Butter, Wirtschaftsanalyst für den Nahen Osten beim Londoner Think Tank Chatham House.

Michael Klein, ein ehemaliger Banker der Citigroup, der seit langem mit Kunden aus dem Nahen Osten zusammenarbeitet, brachte den 600 Milliarden Dollar schweren PIF im vergangenen Herbst mit der Credit Suisse zusammen, so einige Insider. Die angeschlagene Bank benötigte Milliarden von Dollar, um einen Sanierungsplan zu finanzieren, der sie vom Investmentbanking weg und hin zur Vermögensverwaltung führen sollte. Klein arbeitete als Vorstandsmitglied der Credit Suisse an der Umstrukturierung mit. Einige Führungskräfte des saudischen Fonds hielten das Projekt für zu riskant, da es rechtliche Fragen aufgeworfen habe und die Gefahr großer zukünftiger Verluste bestehe.


   Saudis wollten "Weg von Öl"-Strategie mit Credit Suisse anpacken 

Der PIF verband die Credit Suisse und die SNB, die größte Bank des Königreichs mit engen Beziehungen zur Regierung, so einige Insider. Prinz Mohammed habe der saudischen Bank grünes Licht für die Investments der Credit Suisse gegeben. Durch das Investment avancierte die SNB mit einem Anteil von knapp 10 Prozent zum größten Aktionär der Credit Suisse. Damals, im Oktober, erklärte SNB-Chef Ammar al-Khudairy dem "Wall Street Journal", dass die Bank immer noch Wert für Saudi-Arabien habe. Daran änderten auch die Skandale, hohen Verluste, massive Fluktuation in der Führungsebene und das schwindende Marktvertrauen nichts. Das Königreich nutze den Finanzsektor, um die Umgestaltung seiner vom Öl abhängigen Wirtschaft voranzutreiben, während die Welt auf erneuerbare Energien umsteige. "Der saudische Markt ist der 700-Pfund-Gorilla in der Region, und es wäre schon mehr als genug, wenn sie sich mit uns in Saudi-Arabien engagieren würden", schwärmte Khudairy über die Credit Suisse. Die SNB erklärte zuletzt, dass die Verluste der Credit Suisse keine Auswirkungen auf ihr Geschäft haben würden, da sie nur einen kleinen Prozentsatz der Investments der Bank ausmachten.

Die Golfregion hat enge Beziehungen zur Credit Suisse. Das winzige, erdgasreiche Katar begann, Aktien der Credit Suisse zu kaufen, als die Märkte 2008 ins Wanken gerieten. Und das Emirat führte eine Gruppe von Privatanlegern an, die in den Wochen nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers Milliarden von Dollar in das Unternehmen pumpten und schließlich einen Anteil im Wert von mehr als 3 Milliarden Dollar aufbauten. Katar sowie die Familie Olayan steckten 2011 weitere 6,2 Milliarden Dollar in das Unternehmen und zwar über eine besondere Art von Anleihen. Im Jahr 2013 wandelte Katar mehr als 4,5 Milliarden Dollar dieser Schulden in Anleihen um, die als Additional-Tier-1-Capital-Notes bezeichnet werden und die im Rahmen des Deals zwischen Credit Suisse und UBS wegfallen. Unbekannt ist, ob Katar noch irgendwelche dieser Anleihen besitzt.


   Saudis scheuten regulatorische Risiken 

Das Vertrauen der Anleger in die Credit Suisse begann vergangene Woche nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA zu wackeln. Zur Wochenmitte erklärte Khudairy Bloomberg TV, dass seine Bank "absolut nicht" bereit sei, der Credit Suisse zu helfen, wenn diese mehr Kapital benötige. Khudairy erklärte, dass die SNB 9,9 Prozent der Bank besitze und nicht die regulatorischen Anforderungen in Kauf nehmen wolle die mit einer Erhöhung auf mehr als 10 Prozent einhergehen würden. Diese Äußerungen lösten bei den Aktionären der Credit Suisse eine Panik aus, die die Schweizer Regierung veranlasste, eine Übernahme durch die UBS auf den Weg zu bringen.

Laut den mit der Angelegenheit vertrauten Personen fühlten sich die Verantwortlichen der SNB nicht informiert und erfuhren erst über die Medien von den Gesprächen mit der UBS. Die Credit Suisse wandte sich an die Großaktionäre, um ihnen mitzuteilen, dass sie wahrscheinlich den größten Teil ihrer Investments verlieren würden, und um die Rechte der Aktionäre zu besprechen, wie aber Insider beteuern. Eine von der SNB angeführte Gruppe schlug vor, rund 5 Milliarden Dollar in die Credit Suisse zu investieren, wie das "Wall Street Journal" zuvor berichtet hatte. Nach diesem Plan wären die Anleihegläubiger der Credit Suisse vollständig geschützt gewesen. Die Schweizer Minister lehnten das Angebot ab.

(Mitarbeit: Ben Dummett und Eliot Brown)

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March 21, 2023 05:31 ET (09:31 GMT)