Von Rochelle Toplensky

ZÜRICH (Dow Jones)--Die Schweizer Großbank UBS hat ihre Berufung gegen ein Urteil aus erster Instanz wegen Steuerhinterziehung in Frankreich verloren. Damit hat sie aber auch die Chance gewonnen, eine der wenigen Wolken, die noch über ihrer Aktie hängen, bei einem akzeptablen Preis zu vertreiben. Ein Berufungsgericht wies die Berufung der UBS gegen ein Urteil aus dem Jahr 2019 zurück, wonach sich die Bank der Beihilfe zur Steuerhinterziehung wohlhabender Kunden in Frankreich schuldig gemacht hatte. UBS kann jedoch einen Teilsieg verbuchen: Die Strafe von 4,7 Milliarden Euro wurde auf 1,8 Milliarden Euro reduziert. Die Bank muss nun entscheiden, ob sie gegen das Urteil beim Obersten Gerichtshof des Landes Berufung einlegen wird.

Die UBS könnte versucht sein, den Kampf fortzusetzen, um ihren Namen reinzuwaschen. Versuche, den Fall vor Jahren beizulegen, scheiterten Berichten zufolge daran, dass die Bank keine Schuld eingestehen wollte. Die Gerichtsentscheidung bietet jedoch eine preiswertere Möglichkeit als erwartet, um einen Schlussstrich unter die Angelegenheit zu ziehen. Nachdem die Bank nun schon zweimal verloren hat, stehen die Chancen auf einen Sieg nicht besonders gut, wenn sie den Fall weitertreibt.


   UBS hat ausreichend Mittel 

Die UBS hat mehr als genug Geld, um die Rechnung zu begleichen. Sie hat zwar nur 450 Millionen Euro an Rückstellungen für den Fall gebildet, aber bis zum Ende des letzten Quartals hatte die Bank annähernd 4,5 Milliarden Euro an zusätzlichem Kapital aufgebaut. Ihre harte Kernkapitalquote - die Common-Tier-1-Eigenkapitalquote - lag bei 14,9 Prozent und damit weit über ihrem Ziel von etwa 13 Prozent. Die Zahlung der 1,8 Milliarden Euro wäre zwar ärgerlich, doch blieben der Bank immer noch ein paar Milliarden übrig, die sie für einen aktionärsfreundlichen Rückkauf ausgeben könnte.

UBS täte es auch gut, mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung nicht schon wieder in die Schlagzeilen zu geraten. Aggressive Steuervermeidung birgt ein viel größeres Reputationsrisiko als früher, zumal immer mehr Anleger und Kunden bei ihren Entscheidungen auf ökologische, soziale und Governance-Kriterien achten. Eine Berufung gegen den Gerichtsentscheid würde auch dem scheinbaren Bestreben von UBS-Chef Ralph Hamers zuwiderlaufen, zur Verringerung der sozialen Ungleichheit beizutragen. Für eine Milliardärsbank ist das ein zugegebenermaßen erstaunliches Engagement.


   Berufung sorgt für Unsicherheit 

Eine Berufung könnte auch lange für Unsicherheit sorgen. Die endgültige Entscheidung würde wahrscheinlich noch Jahre auf sich warten lassen, während die UBS jetzt das Geld hat, um die Akte zu schließen. Sie müsste sich nur entscheiden, ob sie ihre Rückstellungen erhöhen will, was sie wahrscheinlich nur ungern tut, oder ob sie ihren Kapitalpuffer trotzdem auszahlen und eine Unterdeckung riskieren will, falls sie eine spätere Berufung verliert.

Die Bank steht kerngesund da, und sie wird wahrscheinlich weiterhin Barmittel erwirtschaften. Ihr heutiges Kapitalpolster hat sie jedoch in außergewöhnlichen Zeiten aufgebaut, und es ist nicht zu erwarten, dass diese ewig andauern. Die Pandemie führte zu einer extremen Marktvolatilität, die sich für das Investmentbanking und das Handelsgeschäft als sehr vorteilhaft erwies. Die massiven geldpolitischen Stimulierungsmaßnahmen haben auch den Aktienmärkten und den sehr wohlhabenden Familien, die die Hauptkundenbasis der UBS bilden, sehr geholfen. Jetzt kehren die Märkte allmählich wieder zur Normalität zurück. Die Zentralbanken wollen ihre außerordentliche Geldpolitik zurückfahren, und die Volkswirtschaften haben gelernt, mit dem Covid-19 so umzugehen, dass neue geldpolitische Stimuli in weite Ferne rücken.

Die UBS sollte also ihre Verluste begrenzen und sich aufs Geschäft konzentrieren. Im Moment sitzt sie auf genug Geld, um jeden an Weihnachten "happy" zu machen.

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December 14, 2021 03:12 ET (08:12 GMT)